Das Finanzministerium lege EU-Vorgaben strenger aus, als es müsste

Katholische Erwachsenenbildung: Staat darf Bildung nicht besteuern

Veröffentlicht am 13.09.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Lebenslanges Lernen – das könnte für viele bald zu teuer werden. Die Bundesregierung plant ein Gesetz, das Angebote der Erwachsenenbildung umsatzsteuerpflichtig machen könnte. Dagegen formiert sich Widerstand aus der katholischen Kirche.

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Die Bundesgeschäftsführerin der Katholischen Erwachsenenbildung Deutschland (KEB), Andrea Heim, kritisiert einen Gesetzentwurf des Finanzministeriums zur Einschränkung der Umsatzsteuerbefreiung für Angebote der Erwachsenenbildung. Nach dem Willen des Ministeriums "soll nur noch berufliche Weiterbildung von der Umsatzsteuer befreit sein. Aber Bildung ist weit mehr als eine explizite Fortbildung in dem, was mit meiner Arbeit zu tun hat", sagte Heim am Freitag gegenüber katholisch.de. Bisher waren auch die Kurse der Volkshochschulen und kirchlichen Erwachsenenbildungseinrichtungen umsatzsteuerfrei, die neue Regelung könnte zu höheren Preisen führen.

"Durch eine Umsatzbesteuerung bleibt Bildung nicht mehr barrierefrei, das ist Diskriminierung", so Heim weiter. Die Steuer müsste eins zu eins auf die Nutzer der Bildungsangebote umgelegt werden. Das würde einkommensschwache Menschen ausschließen, "denn wir wissen doch, dass es schon schwierig genug ist, Menschen, die sozial abgehängt sind und Frustrationserfahrungen in ihrer bisherigen Bildungsbiografie haben, mit niederschwelligen Angeboten zu erreichen." Höhere Preise könnten sich viele Familien dann schlicht nicht leisten.

Außerdem würde eine Besteuerung aller Kurse, die nicht direkt der beruflichen Fortbildung dienen, Gruppen wie Senioren, Menschen mit Behinderung oder Arbeitssuchende benachteiligen. "Aber natürlich hat auch eine Seniorin das Recht, sich weiterzubilden." So seien Computer-, Handy- oder Tabletkurse keine reine Freizeitbeschäftigung: "Es geht nicht nur darum, sich die Fotos der Enkelkinder über WhatsApp anzuschauen, sondern darum, Bankgeschäfte online abwickeln zu können. Da geht es um gesellschaftliche Teilhabe." Mit Kursangeboten, die über rein berufliche Fortbildung hinausgingen, leisteten die Anbieter von Erwachsenenbildung auch einen wichtigen Beitrag in Sachen Persönlichkeitsbildung, sozialer oder politischer Bildung sowie Integration.

Politiker verwiesen laut Heim in dieser Sache häufig darauf, dass man EU-Vorgaben zur Umsatzbesteuerung befolgen müsse. "Das Bundesfinanzministerium legt die EU-Steuerfinanzrechtlinie aber deutlich strenger aus, als es müsste." Dass es einen viel breiteren rechtlichen Korridor gebe, zeige der Blick ins Nachbarland. "Frankreich fasst den Bildungsbegriff weiter. Deshalb ist die Erwachsenenbildung dort weiterhin nicht umsatzsteuerpflichtig", sagt Heim. (cst)