Standpunkt

Ein Entweder-oder beim "synodalen Weg" ist Unsinn!

Veröffentlicht am 23.09.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Warnungen vor einer Kirchenspaltung begleiten die Vorbereitungen zum "synodalen Weg". Dabei würden unnötig Gegensätze aufgebaut, findet Julia Knop. Die könnten zum Gegenteil dessen führen, was die Mahner vermeintlich verhindern wollen.

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Die Kritiker des synodalen Wegs, den DBK und ZdK gehen wollen, präsentieren sich gern als Mahner der Einheit und Bewahrer des wahren Glaubens. Sie wollen den synodalen Weg auf die rechte Spur oder gleich ganz zum Erliegen bringen. Dazu wird scharf geschossen. Man konstruiert Alternativen, die einander auszuschließen scheinen, und zwingt zur Wahl: Entweder Einheit mit der Weltkirche oder nationaler Sonderweg. Entweder Evangelisierung oder Strukturreform. Das Entweder-oder scheint das Urteil leicht und eindeutig zu machen. Nur eines kann wahr sein. Wer das Falsche wählt, ist unkatholisch. Man müsse sich entscheiden: Entweder Wahrheit oder Zeitgeist. Entweder Kirche oder Demokratie.

Der Fehler ist freilich rasch identifiziert: Die Alternativen stimmen nicht. Wahrheit erkennt man in der Zeit und mit der Zeit; Gott offenbarte sich nicht von ungefähr in der Geschichte. In kirchlichen Strukturen findet sich jede Menge Zeitgeist – allerdings der Geist vergangener, in Politik und Gesellschaft lang überwundener Zeiten. Und eine Kirche, die "Vertrauen in die Demokratie stärken" will, täte gut daran, als Vorbild voranzugehen.

Das kirchliche Amt wird in den Alternativen, die seine vorgeblichen Bewahrer zeichnen, zur Karikatur seiner selbst: Entweder Sakrament oder Funktion. Entweder Berufung oder Ermächtigung. Als hätte nicht jede Ordination ihre soziale Realität. Als stünde nicht jede Berufung im Spannungsfeld von Gott und Mensch, Beauftragung und Befähigung. Als bräuchten kirchliche Amtsträger neben der Zustimmung des Bischofs nicht den Rückhalt der Gläubigen.

Und natürlich bleiben auch die Frauen nicht verschont. Gott sei Dank ist das christliche Menschenbild aber nicht so eng wie die ideologischen Überzeichnungen der Geschlechterdifferenz, die zur Diskriminierung der Frau in der Kirche benutzt werden, wenn man(n) wissen will, ob eine(r) noch katholisch ist: Entweder Gehorsam gegenüber dem Willen Jesu oder Grundrechtsdiskurs. Entweder Netzwerk Pontifex oder Maria 2.0.

Was daherkommt wie ein frommes Mittel zur Unterscheidung der Geister, entpuppt sich als manipulativer Zwang zur Wahl – griechisch: zur Häresie. Wer zur Wahl des einen nötigt und das andere für unkatholisch erklärt, betreibt die Spaltung, vor der er angeblich warnt. Nicht das gemeinsame Ringen um kirchliche Erneuerung und tragfähige ortskirchliche Lösungen spaltet, sondern die Polarisierungen derer, die diesseits und jenseits der Alpen Alternativen konstruieren, die keine sind. Sie wollen einen vormodernen Profilkatholizismus erzwingen, statt der Weite des Katholischen Raum zu geben. Die Alternative "Evangelisierung oder Strukturreform" ist aber so simpel wie falsch. Es geht darum, unheilvolle kirchliche Strukturen und Konzepte im Licht des Evangeliums zu identifizieren und mit Hilfe desselben Evangeliums zu korrigieren.

Von Julia Knop

Die Autorin

Julia Knop ist Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.