Deutsche Oberhirten müssten ihre Position in Rom entschieden vertreten

ZdK-Vizepräsidentin: Bischöfe bei Zölibat bereit für Veränderungen

Veröffentlicht am 23.09.2019 um 14:36 Uhr – Lesedauer: 

München/Berlin ‐ Was geht, und was geht nicht in Sachen Kirchenreformen in Deutschland? ZdK-Vizepräsidentin Claudia Lücking-Michel ist überzeugt: Gerade bei der priesterlichen Ehelosigkeit könnte sich bald etwas ändern.

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Claudia Lücking-Michel, Vizepräsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK), sieht bei den deutschen Bischöfen "viel Aufmerksamkeit und Bewusstsein" beim Thema Kirchenreformen. Insbesondere in Sachen Zölibat gebe es "ganz besonders viel Bereitschaft und Erkenntnis, dass sich da jetzt etwas verändern muss", sagte Lücking-Michel dem Radiosender Bayern 2 am Montag in München. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit werde dieses Thema heftig diskutiert. Lücking-Michel erklärte zur angekündigten Reformdebatte "synodaler Weg": "Dieser Weg ist für mich sehr wichtig, eine große Chance, hoffentlich nicht die letzte Chance, um in unserer Kirche entscheidend etwas zu verändern."

Die Vizepräsidentin ergänzte: Man könne zwar in der deutschen Ortskirche keine Entscheidungen treffen, die verbindlich für die Weltkirche seien. Man sei aber Teil der Weltkirche. "Was uns ein wichtiges Anliegen ist: dass unsere Stimme, unsere Position entschieden im Konzert der Weltkirche vertreten wird. Und man wird merken, wer dann gehört werden kann und wie sich Stimmung verändert." Wichtig sei, dass man sich in Deutschland einige und dass die Bischöfe diese Position dann in Rom entschieden verträten. Weiter sagte Lücking-Michel, der Brief des Papstes an die deutschen Gläubigen habe viele Dinge nicht richtig eingeordnet. Es sei gut, dass der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Reinhard Marx, im Vatikan klärende Gespräche geführt habe.

Franziskus hatte Ende Juni in seinem "Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" Reformanstrengungen der deutschen Katholiken gelobt und zugleich die Einheit mit der Weltkirche angemahnt. Später hatte der Präfekt der Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, in einem weiteren Brief das Vorhaben des "synodalen Weges" inhaltlich und kirchenrechtlich infrage gestellt. Kardinal Marx wies diese Vorbehalte zurück und erörterte die Thematik vergangene Woche in Rom; Marx sprach hinterher von einem "konstruktiven Dialog", der in die Beratungen der viertägigen Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe ab diesem Montag in Fulda einfließen werde.

"Nicht durch Reaktionäre im Vatikan irritieren lassen"

Ebenfalls am Montag äußerte sich Lücking-Michel im ZDF-"Morgenmagazin" und forderte den Zugang zu allen Weiheämtern für Frauen. "Ich habe Anerkennung, für das, was bereits passiert ist, aber das reicht nicht", sagte sie mit Blick auf eine erhöhte Zahl von Frauen in kirchlichen Führungspositionen. Die katholische Kirche dürfe über die Zeichen der Zeit nicht hinweggehen. "Gesellschaftlich haben wir rasante Schritte nach vorne gemacht. Jetzt muss die katholische Kirche nachholen, sonst sind die jungen Frauen weg", sagte die ZdK-Vizepräsidentin. "Jetzt kommt es darauf an, dass sich die Verweigerer dem Gespräch stellen."

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch betonte im "Morgenmagazin", dass Frauen in der katholischen Kirche in Deutschland bereits heute viele Leitungspositionen innehätten. "Leitung geschieht vielfach." Im Erzbistum Berlin etwa seien vier Hauptabteilungsleiterinnen beschäftigt. Viele Frauen fühlten sich durch die derzeitige Situation jedoch verletzt, so Koch. "Vielleicht finden wir theologische Argumente. Ich bin für offenen Austausch." So sei etwa die Frage offen, ob der Diakonat für Frauen geöffnet werden kann, sagte der Berliner Erzbischof.

Als weiteres prominentes ZdK-Mitglied meldete sich am Montag der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) zu Wort und forderte die Kirche in Deutschland dazu auf, an ihrem geplanten "synodalen Weg" festhalten. Er wünsche sich, "dass die katholische Kirche in Deutschland diesen Weg gehen kann - nicht um die Weltkirche zu spalten, sondern um angemessen auf das zu reagieren, was in Deutschland los ist, mit der Kirche und mit den Christen", sagte Thierse dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Bischöfe hätten "die Pflicht, auf die pastorale Situation im eigenen Land richtig und angemessen zu reagieren. Dabei sollten sie sich durch Reaktionäre im Vatikan nicht irritieren lassen", zitieren die Zeitungen Thierse. "Ich wünsche mir, dass die Deutsche Bischofskonferenz Verdächtigungen und falsche Beurteilungen dieses Prozesses aus Rom geschlossen abwehrt." (tmg/KNA/epd)