Eterovic an Bischöfe: Evangelisierung muss im Mittelpunkt stehen
Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Nikola Eterovic, ruft die deutschen Bischöfe auf, den Brief von Papst Franziskus "An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" ernst zu nehmen. "Das Schreiben des Heiligen Vaters verdient besondere Aufmerksamkeit", heißt es in einem am Montagabend veröffentlichten Grußwort von Eterovic zum Auftakt der Herbstvollversammlung der Bischöfe in Fulda. Es sei tatsächlich das erste Mal nach der 1937 abgefassten Enzyklika von Pius XI., "Mit brennender Sorge", dass der Papst den Gliedern der katholischen Kirche in Deutschland ein eigenes Schreiben widme, betonte der Nuntius.
Die Enzyklika vom 14. März 1937 prangerte die unzulässigen Eingriffe des nationalsozialistischen Regimes in die Angelegenheiten der Kirche an. Der Unterschied zwischen beiden Dokumenten sei freilich groß, konstatiert Eterovic, da "das aktuelle Schreiben innerkirchliche Themen aufgreift". "Wir danken Gott dafür, dass die Beziehungen zwischen der Kirche und der Bundesrepublik Deutschland sehr gut sind und daher kein Eingreifen seitens des Heiligen Stuhls nötig ist", so der Botschafter.
In seinem ungewöhnlich langen Grußwort bekräftigt Eterovic unter Berufung auf Franziskus, im Mittelpunkt des "synodalen Weges" müsse die Verkündung der Botschaft Jesu stehen. Dafür sei die "Einheit zwischen Universalkirche und Teilkirchen wesentlich". Die "Finalität des 'synodalen Weges'" müsse die Evangelisierung sein. "Die Berufung der Kirche ist zu evangelisieren, mehr noch, ihre Identität ist es zu evangelisieren", so Eterovic.
"Billige Gnade ist der Todfeind unserer Kirche"
Die in dieser Zeit geforderte Evangelisierung könne jedoch nicht auf das reduziert werden, was der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) "billige Gnade" genannt habe, so Eterovic weiter. Vielmehr brauche es die Suche nach der "teuren Gnade". Im Jahr 1937 hatte Bonhoeffer geschrieben: "Billige Gnade ist der Todfeind unserer Kirche. Unser Kampf geht heute um die teure Gnade" (Dietrich Bonhoeffer, Nachfolge, Kapitel 1).
Schließlich erinnert Eterovic in seinem Grußwort an die Worte des Papstes beim Empfang der Bischöfe der Synode der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche am 2. September: "Es gibt aber eine Gefahr: zu glauben, heute, einen 'synodalen Weg' zu machen oder eine Haltung von Synodalität zu haben, würde bedeuten, eine Meinungsumfrage zu machen", zitierte der Botschafter den Pontifex. "Nein, die Synode ist kein Parlament."
In seinem 19 Seiten umfassenden Brief von Juni hatte Papst Franziskus das Engagement und die Reformanstrengungen der deutschen Katholiken gelobt. Zugleich mahnte Franziskus die Einheit mit der Weltkirche an. Leitkriterium der Erneuerung müsse die Evangelisierung sein. Anlass des Schreibens ist der von den Bischöfen geplante "synodale Weg". Bei der Reformdebatte soll es ab Dezember unter anderem um die Rolle der Frau in der Kirche gehen. Weitere zentrale Themen sind Macht und Gewaltenteilung sowie Sexualmoral und die priesterliche Lebensform. Der Reformdialog und der Brief von Papst Franziskus sind auch Gegenstand der Beratungen auf der bis Donnerstag dauernden Vollversammlung der deutschen Bischöfe. Zuletzt hatte es Kritik des Präfekten der Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, am deutschen Reformweg gegeben. Nach neuerlichen Gesprächen in Rom in der vergangenen Woche zeigte sich Marx zum Auftakt der Vollversammlung in Fulda am Montag jedoch zuversichtlich. Bei seinen Gesprächen in Rom sei ihm "kein Stoppschild" gezeigt worden. (tmg/KNA)