Genn fordert Vertiefung, Woelki Änderung des "synodalen Wegs"
Die deutschen katholischen Bischöfe debattieren weiter über den "synodalen Weg", mit dem sie die Kirche aus ihrer Vertrauenskrise herausführen wollen. Am Dienstag stellten der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und der Münsteraner Bischof Felix Genn ihre je unterschiedliche Sicht der Lage dar. Beide versuchten, aus dem jüngsten Brief von Papst Franziskus an die Kirche in Deutschland Konsequenzen für den synodalen Weg abzuleiten.
Woelki wiederholte den bereits beim letzten Bischofstreffen abgelehnten Vorschlag der konservativen Minderheit, den "synodalen Weg" kirchenrechtlich klarer zu fassen und ihm geregelte Beschlusskraft zu geben. Er verwies auf den Satzungsentwurf, den er mit dem Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer vorgelegt habe. Darin sei der "synodale Weg" lediglich ein Beratungsgremium, dessen Voten von den Bischöfen in der Bischofskonferenz mit Rechtskraft versehen werden. "Die Erarbeitung ist eine synodale Aufgabe, die Entscheidung ist eine Verantwortung des Amtes", zitiert Woelki aus dem Gutachten des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte, das Kardinal Reinhard Marx gemeinsam mit einem Brief des Vorsitzenden der vatikanischen Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, Anfang September zugegangen war.
Zugleich forderte der Kölner Erzbischof unter dem Stichwort einer "Neu-Evangelisierung", das Thema der Glaubensverkündigung in den Mittelpunkt der Debatte zu rücken, da dies dem Anliegen des Papstes entspreche. Dabei müsse unterschieden werden, "was uns in unserer evangelisierenden Sendung als Kirche im Wege steht und uns deshalb die Sicht auf das Eigentliche kirchlicher Existenz versperrt, und dem, was uns in dieser vom Herrn übertragenen Aufgabe wirklich trägt und stützt".
Deutlich kritisierte Woelki die bisherigen inhaltlichen Vorbereitungsforen des "synodalen Wegs", in denen Themen wie Zölibat, Sexualmoral und Frauenrechte in der Kirche diskutiert wurden. Das berühre zentrale Elemente der Glaubenslehre und der Kirchenverfassung, die Gefahr liefen, "mit sogenannten Strukturveränderungen preisgegeben zu werden". Weiter erinnerte Woelki an die Warnung des Papstes, der in seinem Schreiben gemahnt hatte, die Bischöfe sollten nicht "nach unmittelbaren Ergebnissen mit voreiligen und medialen Folgen suchen."
Genn: "Synodaler Weg" ist geistlicher Prozess
Eine Vertiefung des Reflexionsprozesses beim synodalen Weg mahnte auch Genn unter Berufung auf das Papstschreiben an, das er als Mahnung und Ermutigung für die deutschen Katholiken deutete. Der Münsteraner Bischof betonte, dass der Papst den "synodalen Weg" vor allem als einen geistlichen Prozess sehe und ihn klar von einem Parlament mit seinen Debatten und Mehrheitsentscheidungen abgrenze.
Ohne die vier Beratungsforen grundsätzlich in Frage zu stellen, merkte Genn an, es gehe nicht darum, sich in einzelne Fragen "zu verbeißen", sondern immer den Blick auf das größere Gut zu bedenken. Die Kirche müsse erkennen, "was der Herr uns in dieser Situation zumutet". Deshalb sei es "notwendig, in die Tiefe zu schauen, die all den Themen, die in den Foren besprochen werden sollen, zugrunde liegt". Ohne die Einzelthemen an den Rand zu schieben, sei zu fragen, "ob Kirche im Blick auf unsere Situation, die durch starke Individualisierung und Pluralisierung gekennzeichnet ist, tiefer ihre Sendung bedenken kann, das Evangelium den Menschen zu bringen, es zu verstehen und es zu erfüllen."
Wie Woelki betonte auch Genn die Evangelisierung als Kernauftrag der Kirche und sagte: "Glaubwürdigkeit kann man nicht erreichen, indem man Glaubwürdigkeit macht, sondern nur, indem wir das entschieden tun, was unser Auftrag ist. Aus diesem Grund betont Franziskus die Evangelisierung als Leitkriterium schlechthin."
Die Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe findet noch bis Donnerstag in Fulda statt. Die Oberhirten beraten unter anderem über die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. Weiteres zentrales Thema ist der im Frühjahr von den Bischöfen beschlossene "synodale Weg", in dem es um kirchliche Machstrukturen, die priesterliche Lebensform, die Sexualmoral sowie um die Rolle von Frauen in der Kirche gehen soll. Zudem beraten die Oberhirten über die Amazonas-Synode, die im Oktober im Vatikan tagt. (bod/tmg/KNA)