"Jetzt ist der Augenblick der Entscheidung"

Kirchenhistoriker: Amazonas-Synode wird entscheidend für Priesteramt

Veröffentlicht am 02.10.2019 um 11:55 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Mit Spannung wartet die katholische Welt auf die am Sonntag beginnende Amazonas-Synode: Werden neue Zugänge zum Priesteramt geschaffen? Kirchenhistoriker Hubert Wolf ist überzeugt: Wenn, dann muss das jetzt geschehen.

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Der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf erhofft sich von der bevorstehenden Amazonas-Synode eine Weichenstellung für neue Wege zum Priesteramt. "Jetzt ist der Augenblick der Entscheidung", sagte Wolf am Dienstagabend in der Berliner Katholischen Akademie. "Wenn die Möglichkeit nicht ergriffen wird, ist das Fenster zu."

Ab Sonntag beraten im Vatikan Bischöfe und andere Kirchenvertreter drei Wochen über seelsorgliche Herausforderungen des Amazonasgebiets. Unter anderem geht es dabei um Fragen wie eine Priesterweihe verheirateter Männer auch in der römisch-katholischen Kirche, die Übertragung von Leitungsaufgaben an Laien und neue Ämter für Frauen. In der südamerikanischen Region gibt es einen extremen Priestermangel.

Glaubwürdigkeit durch freiwillige Ehelosigkeit?

Wolf betonte, die regelmäßige Feier der Eucharistie gehöre zu den grundlegenden Vollzügen der Kirche. Um sie zu gewährleisten, dürfe auch das Priesteramt nicht mit der Verpflichtung zur Ehelosigkeit, dem Zölibat, verbunden werden. Dies würde eine freiwillige Ehelosigkeit überdies umso glaubwürdiger machen.

Der Münsteraner Professor für Kirchengeschichte betonte, dass es in den Kirchen orthodoxer Tradition, die sich der katholischen Kirche angeschlossen haben, bereits seit Jahrhunderten selbstverständlich verheiratete Priester gebe. Auch gebe es evangelische verheiratete Geistliche, die katholische Priester und vom Zölibat entbunden würden. Auf diesen Traditionen könne eine Reform aufbauen. Angesichts dessen seien die "aufgeregten Diskussionen und Ängste" unverständlich, dass eine Aufhebung der Zöibatspflicht zur Kirchenspaltung führe.

Wolf hat sich in der Vergangenheit mehrfach für die Aufhebung des Pflichtzölibats ausgesprochen. Seiner Auffassung nach wäre dies kein Traditionsbruch und kein Verstoß gegen ein Dogma. Papst und Bischöfe vollzögen keinen Paradigmenwechsel und keinen Bruch der kirchlichen Tradition, wenn sie sich für die Weihe verheirateter Männer zu Priestern aussprächen, so Wolf, der im Juli sein aktuelles Buch "Zölibat. 16 Thesen" vorgelegt hat. (tmg/KNA)