Für eine Kirche mit amazonischem Gesicht
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Eine Messe im Petersdom ist beeindruckend. Sie erstmals als Konzelebrant mitzufeiern, das war für mich einfach aufregend. Das Herz ist mir aufgegangen, als bei der Gabenbereitung das amazonische Gesicht unserer Kirche für alle sichtbar wurde. Da reichten Elza Nâmnâdi vom Volk der Xerente und Adriano vom Volk der Karipuna dem Papst die Gaben für die Eucharistiefeier. Am Tag zuvor hatten wir mit ihnen noch unsere Adveniat-Ausstellung "Der Schrei Amazoniens" eröffnet. In der Gabenprozession sah ich auch den typischen Kopfschmuck der Jaminawa, einem Volk, das an der brasilianisch-bolivianischen Grenze lebt. Mit Rosildo, einem ihrer Kaziken, ihrer Anführer, haben wir vor einem Jahr in Berlin den Bericht über die Menschenrechtsverletzungen im Amazonasgebiet der Bundesregierung überreicht.
Natürlich weiß ich nach zwanzig Jahren Lateinamerikaerfahrungen, von denen ich sechs im bolivianischen Amazonasgebiet gearbeitet habe, dass eine Gabenprozession dort noch viel bewegter ist: Die Menschen tanzen und singen. Im Petersdom kam es da eher zu einem Kompromiss der Kulturen. Und das ist auch gut so. Die Amazonien-Synode, deren Sitzungen morgen beginnen, will den Dialog der Kulturen. Sie will zeigen, dass die Weltkirche in vielen Kulturen zu Hause ist.
Papst Franziskus hat das mit der Gestaltung des Gottesdienstes erlebbar gemacht. Auf den ersten Blick wirkte die Messe europäisch, ja geradezu römisch: mit den gregorianischen Gesängen, dem Orgelspiel, der gemessenen Würde, der Art der Feier insgesamt. Ich glaube, damit zeigt Papst Franziskus: Die Amazonien-Synode hat weltweite Bedeutung. Deshalb diese Art des Gottesdienstes, deshalb der Ort der Synode mitten in Europa, im Zentrum der Weltkirche.
Verstärkt wurde dies noch durch die Fürbitten. Menschen aus den verschiedensten Weltgegenden haben sie in ihren Sprachen vorgetragen: Chinesisch, Arabisch, Englisch, Französisch und Litauisch. Die Weltkirche ist in den nächsten drei Wochen in Rom versammelt. Und indem die indigenen Völker Amazoniens die Gaben zum Altar gebracht haben, macht der Papst deutlich: Die ganze Weltkirche hört auf Sie, lässt sich von ihnen beschenken, empfängt von ihnen das "Feuer der Liebe", von dem er in seiner Predigt sprach. Mir ist vor allem seine Warnung vor neuen Kolonialismen im Gedächtnis geblieben. Wir haben als Kirche schon zu oft kolonialisiert statt evangelisiert. Für Papst Franziskus ist die Verkündigung der Frohen Botschaft immer auch politisch. "Das von zerstörerischen Interessen gelegte Feuer wie jenes, das kürzlich das Amazonasgebiet verwüstet hat, ist nicht das aus dem Evangelium. Das Feuer Gottes ist die Wärme, die anzieht und in Einheit versammelt", so der Papst.
Ich hoffe, dass wir in einer Einheit, die verschiedene Kulturen, Meinungen, Lebensweisen zulässt, in den nächsten drei Wochen in der Synodenaula zusammen sein werden. Nach dem heutigen Gottesdienst bin ich mir sicher, wir werden eine selbstbewusste Kirche mit amazonischem Gesicht erleben und eine hörende und lernende Kirche mit europäischem Gesicht. Denn eine Kirche mit amazonischem Gesicht stellt sich dem interreligiösen Dialog mit indigenen Kosmovisionen und Religionen. Eine Kirche mit amazonischem Gesicht ist auch politisch und prangert die Menschenrechtsverletzungen an. Eine Kirche mit amazonischem Gesicht will aber auch wahrhaftig bei den Menschen und nicht länger nur zu Besuch sein. Deshalb werden wir auch diskutieren, ob wir andere Modelle des Zugangs zum Priesteramt brauchen, damit auch in Amazonien sich die Menschen um den Tisch des Herrn versammeln und Eucharistie in ihrer Kultur feiern können. Der Papst wird sich dem Dialog nicht verschließen. Denn, wie hat er uns doch in der Predigt zugerufen: "Die Gnade im Feuer des Geistes wieder zu entfachen ist also das Gegenteil davon, die Dinge laufen zu lassen, ohne irgendetwas zu tun." Wir haben den klaren Auftrag, dass in der Synode eine Kirche mit amazonischem Gesicht weltweit Bedeutung bekommt.