Misereor-Chef Spiegel: So läuft ein Tag bei der Bischofssynode ab
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Nach dem Eröffnungsgottesdienst startete am Montag die erste Sitzung der Sonderversammlung für Amazonien in der Synodenaula. Nach Monaten intensiver Vorbereitung liegt gespannte Erwartung in der Luft. Viele der Synodenteilnehmenden sehen sich zum ersten Mal.
Wie sieht er aus, der Tagesablauf solch einer Bischofssynode? Der Morgen beginnt mit dem Gebet zum Tag. Am Montag war dies besonderer Art und bewegend. Neben den Synodenteilnehmenden waren Bewohnerinnen und Bewohner des Amazonasregenwaldes im Petersdom anwesend: Indigene, Schwarze, Städter, Kleinbauern, Fischerinnen. Sie waren der ihnen entsprechenden Art gekleidet, teilweise mit Federschmuk und bemalt. Andere trugen T-Shirts, die zu Solidarität mit den Ursprungsvölkern aufrufen. Sie alle, Frauen und Männer, Amazonasbewohner und Bischöfe, der Papst mittendrin, bildeten vor dem Hauptaltar im Petersdom einen gemeinsamen Kreis, der offen war, immer größer wurde und jede und jeden aufnahm.
Ein strikter Plan gibt den Tag vor
Es war wohl für die Basilika des Petersdoms wie auch für viele Anwesende eine nicht alltägliche Erfahrung des Lobens und Dankens. Es gab in diesem Moment keine abgestimmte Choreografie. Menschen mit verschiedenen Diensten und Ämtern stützten sich gegenseitig. Sie sangen: "Tudo está interligado..." Alles ist miteinander verbunden im Gemeinsamen Haus. Es war ein Ausblick auf eines der Ziele dieser Synode: So kann Kirche mit amazonischem Antlitz aussehen. Für mich war es ein beeindruckendes Bild und erinnerte mich sehr an meine Zeit in Brasilien, am Rande Amazoniens. Es war spürbar: Was von Papst Franziskus angestoßen und von vielen lange vorbereitet wurde, wird jetzt konkret. Aufmerksam hörte er zu, die Müdigkeit der letzten Tage wich einem Lächeln und sichtbarer Freude. Es war ein starker Start für eine dreiwöchige Versammlung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Menschen Amazoniens zuzuhören, von ihrer Lebensrealität zu lernen und über Glauben zu sprechen.
Die Abläufe der ersten Tage folgen einem strikten Plan. Pro Tag zwei Arbeitseinheiten: vormittags von 9 bis 12:30 Uhr und nachmittags von 16:30 bis 19:15 Uhr. Im Plenum werden kurze Impulse, sogenannte Interventionen, gehalten. Vier Reden à vier Minuten in einem Block. Anschließend halten wir vier Minuten inne, um das eben Gehörte zu reflektieren, jeder und jede für sich, zu beten, nachzudenken, zusammenzubringen. Das empfinde ich als sehr hilfreich, weil so Gedanken und Argumente – bekannte wie neue – sortierbar sind und in der Stille reifen. Ich erlebe die absolute Stille von über 250 Anwesenden als Momente geistlicher und geistreicher Einheit. Die letzte Stunde des Tages ist für Reaktionen reserviert. Drei Minuten sind dafür angesetzt, ehe das Mikro abgeschaltet wird. Es bietet die Chance, sich auf zuvor angesprochene Themen zu beziehen, Gesagtes zu hinterfragen, zu vertiefen, zu ergänzen oder auch zu widersprechen.
Doch die Synode ereignet sich nicht nur innerhalb der Aula an der Seite des Petersdomes. An der Erarbeitung des Instrumentum Laboris, der Grundlage des gemeinsamen Arbeitens, nahmen mehr als 85.000 Menschen teil. Indigene und andere Bewohnerinnen und Bewohner des Amazonasgebiets und weit darüber hinaus waren eingeladen, von Hoffnungen und Sorgen zu erzählen, von Bedrohungen und Herausforderungen. Sie waren eingeladen, ihre Positionen und Meinungen einzubringen, Veränderungen und Lösungswege für eine integrale Ökologie und neue Wege für die Kirche. REPAM, das kirchliche panamazonische Netzwerk, war hier maßgeblich beteiligt und hat mit ermöglicht, so viele Menschen in den synodalen Prozess einzubeziehen.
Die Synode ist ein Prozess. Zuhören, wahrnehmen, beten, feiern, lernen. Sie findet nicht nur in der Aula statt. Uns ist es wichtig, dass zeitgleich Veranstaltungen, Gesprächsrunden, Gottesdienste und Gebete stattfinden, in Rom – ebenso in Amazonien, im Kongobecken. In Rom werden viele von ihnen von und mit Indigenen gestaltet. Auch hier war REPAM, genauso wie CIMI, die Fachstelle für Indigenenfragen der katholischen Kirche in Brasilien, an der Organisation intensiv beteiligt. In Rom entstand so in der Kirche Santa Maria in Transpontina, in Sichtweite zum Petersdom, das Casa Comun. Es ist ein Ort für Begegnung und Austausch, Dialog und Spiritualität. Dort ist greifbar und spürbar, welchen Reichtum und welche Unmittelbarkeit eine Kirche mit amazonischem Gesicht hat. Gelebtes Evangelium mit einem anderen Gesicht. Vielfalt, ohne die Einheit zu verlieren. Reichtum, der im Herzen unterschiedlicher Kulturen lebt. Während der kommenden drei Wochen wird es viele solcher Gelegenheiten wie die am Montagmorgen geben, bei denen die "innere und die äußere Synode" zusammenkommen, um voneinander zu hören und zu lernen.
Ab heute geht die Arbeit in zwölf Kleingruppen weiter. Ihre Aufgabe ist es, die Themen der Interventionen auf Grundlage des Arbeitsdokuments zu besprechen, zu vertiefen und zu organisieren. Das wird nicht minder intensiv – ich freue mich darauf.