Besonderes Geschenk an Juden in Thüringen

Kirchen schenken jüdischer Gemeinde von Hand geschriebene Tora-Rolle

Veröffentlicht am 14.10.2019 um 11:31 Uhr – Lesedauer: 

Erfurt ‐ Wenige Tage nach dem antisemitischen Anschlag von Halle ist es ein umso besondereres Zeichen: Die beiden Kirchen in Thüringen machen der Jüdischen Landesgemeinde ein wertvolles Geschenk – eine von Hand geschriebene Tora-Rolle.

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Besonderes Zeichen der beiden Kirchen in Thüringen: Das Bistum Erfurt und die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) schenken der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen eine neue, von Hand geschriebene Tora-Rolle. Damit wollten die Kirchen die enge Verbundenheit von Juden und Christen unterstreichen und ein gesellschaftliches Zeichen setzen, teilten das Bistum, die EKM und die Jüdische Landesgemeinde am Montag in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit.

"Seit neun Jahrhunderten leben Juden in Thüringen und bereichern das Land auf den unterschiedlichsten Feldern wie Musik und Kunst, Handwerk, Wissenschaft und Bildung. Als Thüringer gehören sie ebenso zum Freistaat wie jeder andere Thüringer auch, unabhängig davon, zu welcher Weltanschauung der einzelne sich bekennt", hieß es in der Mitteilung. Nicht jedem Zeitgenossen scheine das heute selbstverständlich, wie antisemitische Vorurteile und sogar Gewalttaten zeigten.

Von Gott geoffenbarte Heilige Schrift

Die Tora umfasst die ersten fünf Bücher der hebräischen Bibel und gilt den Juden als ihr wichtigster Teil. Beide Religionen verstehen die Tora als von Gott geoffenbarte Heilige Schrift. Juden wie Christen lesen sie privat, in der Familie und ihren Gottesdiensten und versuchen, ihr Leben entsprechend den Weisungen Gottes zu gestalten.

Linktipp: Kippa, Tora, Multimedia

Millionen Menschen haben in den vergangenen 15 Jahren das Jüdische Museum Berlin besucht. Die Ausstellung war allerdings in die Jahre gekommen. Jetzt werden Einzelheiten der künftigen Dauerschau bekannt. (Artikel von Mai 2018)

Aus Anlass des Geschenks der beiden Kirchen lädt die Jüdische Landesgemeinde am 23. Oktober in der Neuen Synagoge in Erfurt zu einer feierlichen Zeremonie, bei der der erste Buchstabe der Tora aufgeschrieben wird. Denn: Die Tora, die das Bistum und die EKM verschenken, muss erst noch geschrieben werden. Zwei Jahre lang werde der Rabbiner Reuven Yaacobov in Berlin und Thüringen immer wieder auch öffentlich an der Tora-Rolle arbeiten. Dann folge erneut eine Zeremonie, bei der der letzte Buchstabe der Tora geschrieben werde. Erst anschließend könne die Tora in den Gottesdiensten der Jüdischen Landesgemeinde genutzt werden.

Themenjahr "Neun Jahrhunderte jüdisches Leben in Thüringen"

Anders etwa als die in christlichen Gottesdiensten verwendeten Bibeln werden Tora-Rollen für die Gottesdienste in Synagogen grundsätzlich von Hand geschrieben – Buchstabe für Buchstabe auf Pergamentpapier. Diese Aufgabe übernehmen eigens ausgebildete Tora-Schreiber, sogenannte "Sofer". Auch Rabbiner Yaacobov ist ausgebildeter "Sofer".

Am Montag wurde zudem bekannt, dass die thüringische Landesregierung die von den beiden Kirchen in dem Bundesland vorgetragene Idee eines Themenjahres "Neun Jahrhunderte jüdisches Leben in Thüringen" aufgegriffen hat. Ab Oktober kommenden Jahres würden alle bereits in Thüringen vorhandenen Festivals und Veranstaltungen mit Bezug zum Judentum in dem Themenjahr gebündelt, hieß es. Außerdem seien Kulturschaffende, Universitäten und Bildungsträger eingeladen, eigene Veranstaltungen zum Thema zu entwickeln und in das Jahr einzubringen. Auch die beiden Kirchen und die Jüdische Landesgemeinde würden sich an dem Themenjahr beteiligen. (stz)