Christliche Motive in Horrorfilmen

Wenn angsteinflößende Gruselnonnen und Dämonen ihr Unwesen treiben

Veröffentlicht am 31.10.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Bizarre Grimassen, Spinnweben als Deko: Zu Halloween geht es traditionell wohlig-gruselig zu – so wie auch in manchen Horrorfilmen. Sie bedienen sich gerne christlicher Motive. Eines ist dabei besonders beliebt.

  • Teilen:

Ausgehöhlte Kürbisse mit bizarren Grimassen, Spinnweben als Dekoration sowie schaurig verkleidete Kinder, die von Haus zu Haus ziehen und um Süßigkeiten bitten: Diese Bilder haben viele Menschen im Kopf, wenn sie an Halloween denken. Weltweit haben Jugendliche und Erwachsene ihre Freude daran, sich am Abend vor Allerheiligen als Vampire, Zombies oder Hexen zu verkleiden und somit gleichsam die Tore zu einer verborgenen Welt zu öffnen. Ursprünglich diente die Nacht des 31. Oktober der Verehrung der Heiligen und aller weiterer Verstorbenen. Doch diese aus Irland stammende Glaubenstradition entwickelte sich im 20. Jahrhundert in den USA zu einem Fest des wohligen Grusels und Grauens. Einen großen Anteil daran haben auch Horrorfilme – nicht umsonst ist eine berühmte Filmreihe, in der ein Serienmörder stets an Halloween zur Tat schreitet, nach dem populären Feiertag benannt. In einigen Horrorfilmen spiegelt sich der religiöse Ursprung von Halloween noch heute wider, denn regelmäßig greifen sie christliche Motive auf.

Vom Satan besessen

Das bekannteste dieser Themen ist wohl der Exorzismus: Seit 1973 der Horror-Klassiker "Der Exorzist" in die Kinos kam, sind Filme über Teufelsaustreibungen typisch für das Genre. Dabei ist die Geschichte eines solchen Streifens meist schnell erzählt: Ein Mädchen oder eine erwachsene Frau ist von einem Dämon oder wahlweise dem Satan selbst besessen. Die verzweifelte Familie versucht ihr mithilfe eines Arztes zu helfen, was jedoch nicht gelingt. Als letztes Mittel wird ein Priester hinzugezogen, der einen Exorzismus durchführt und die besessene Frau somit heilen kann. Der seiner Wirtin beraubte Dämon rächt sich daraufhin meist am Geistlichen und fährt in ihn ein, wie es etwa auch der "Exorzist" zeigt.

Die Darstellung der Dämonenaustreibung ist in der Regel der Höhepunkt des jeweiligen Films und wird besonders detailliert gezeigt: Der Priester ist meist durch die Stola über seiner klerikalen Kleidung eindeutig erkennbar. Ein liturgisches Buch mit den Texten des Exorzismus, ein Rosenkranz und Weihwasser sind sein wichtigstes Handwerkszeug. Die Besessene hingegen spricht in fremden Zungen, hat übermenschliche Kräfte und kann – wie auch im "Exorzisten" – sogar über der Erde schweben. Zudem macht die unter dem Einfluss des bösen Wesens übel zugerichtete junge Frau zahlreiche blasphemische und obszöne Bemerkungen.

"Der Exorzist" handelt von einer Dämonenaustreibung.
Bild: ©picture-alliance / KPA Honorar & Belege

Bei einer Dämonenaustreibung im Film "Der Exorzist" schwebt das besessene Mädchen über ihrem Bett. Die beiden Priester sind entsetzt.

Die Regisseure zeigen durch diese eindeutige Gegenüberstellung von Priester und Dämon sowie den sich oft in einer heftigen Auseinandersetzung manifestierenden Exorzismus, dass es sich bei dem Thema des Films eigentlich um einen Kampf zwischen Gut und Böse handelt. Auch die Bibel schildert, etwa im Buch der Offenbarung des Johannes, diesen Streit zwischen Gott und dem Teufel – wobei der christliche Glaube jedoch klarstellt, dass das Licht stärker als das Dunkel ist und Gott der Schöpfer über sein Geschöpf den Satan siegen wird. Diese Aussage findet sich jedoch nicht immer in den Filmen über Teufelsaustreibungen. Zwar werden die bösen Geister durch den Exorzismus meist aus den Körpern der Besessenen vertrieben, doch sie existieren weiter und richten Schaden bei anderen Menschen an – eine Komponente dieses Horrorgenres, die dem Zuschauer einen Schauer über den Rücken fahren lässt, denn auch er könnte schließlich von einem Dämon in Besitz genommen werden.

Exorzismusfilme erfreuen sich auch mehr als 40 Jahre nach "Der Exorzist" weiterhin großer Beliebtheit. So spielte etwa Anthony Hopkins in "The Rite" einen erfahrenen Exorzisten, in den selbst ein Dämon fährt und der von einem angehenden Priester erlöst werden muss, der an einem Kurs über Teufelsaustreibung in Rom teilnimmt. In dem Film aus dem Jahr 2011 werden die Geistlichen überwiegend positiv gezeichnet. Sie müssen sich ihren Zweifeln stellen und finden durch die Konfrontation mit dem Bösen zu einem gefestigten Glauben.

Auch in den Filmen des Horror-Reihe "Conjuring" wird der christliche Glaube als die beste Möglichkeit dargestellt, gegen böse Geister zu kämpfen. Die Hauptpersonen Ed und Lorraine Warren, deren Abenteuer sich an wahren Fällen orientieren sollen, sind Dämonologen und haben sich auf die Austreibung von Gespenstern spezialisiert. Um Gebäude von Spuk oder Menschen von Besessenheit zu befreien,  setzen sie auf Exorzismen, die von Priestern oder im Notfall auch von ihnen selbst durchgeführt werden. Dabei ist es den Drehbuchautoren ausdrücklich wichtig, in ihren Filmen den Glauben als Waffe gegen das Böse zu präsentieren. So wird in den Filmen etwa ein Kreuz als Gegenstand dargestellt, der die Kraft hat, Dämonen zu vertreiben – eine Aussage, die sehr nah an der christlichen Überlieferung ist.

Der Horrorfilm "Conjuring": Die Dämonologen Ed und Lorraine Warren führen einen Exorzismus durch.
Bild: ©picture alliance / Everett Collection

Die Dämonologen Ed und Lorraine Warren führen einen Exorzismus im Horrorfilm "Conjuring" durch. Sie haben sich durch ein Kreuz geschützt.

In einem Spin-off innerhalb der "Conjuring"-Reihe wird auf ein weiteres christliches Motiv Bezug genommen, das oft in Horror-Filmen anzutreffen ist: das Ordensleben. Während in Exorzismusfilmen Priester durch den Befreiungsdienst als Mittler der Gnade Gottes im Vordergrund stehen, geht es bei der Darstellung von Ordensleuten um die Diskrepanz zwischen dem hohen Anspruch ihrer Lebensform und der Realität ihres menschlichen Lebens. Im Film "The Nun", der 2018 in die Kinos kam, werden ein Priester und eine junge Nonne zu einem Konvent von Ordensschwestern geschickt, um dort einen Fall von Selbstmord zu untersuchen. Dabei stellt sich heraus, dass das Kloster von dämonischer Aktivität heimgesucht wird. Wieder spielen ein Exorzismus, aber auch ein Dämon in Form einer gruseligen Nonne und die Kraft des Glaubens eine große Rolle.

In weiteren Horrorfilmen, die im monastischen Umfeld handeln, geht es ferner um sexuelle Vergehen, Machtmissbrauch und Gier nach Reichtum – Taten und Laster, die Menschen begehen, die eigentlich ein heiligmäßiges Leben par excellence führen sollten. Die Schuld verwandelt Nonnen und Mönche in Geister, Zombies und Dämonen, die an ihrem Schicksal zu Grunde gegangen sind und keine Erlösung aus dem Teufelskreis des Bösen finden können – eine Vorstellung, die sich nicht mit der christlichen Lehre der Erlösung durch Tod und Auferstehung Jesu deckt.

Leben und Tod, Schuld und Sühne

Hinter der angsteinflößenden Fassade ihrer Handlung thematisieren Horrorfilme oft die großen Fragen von Leben und Tod, Schuld und Sühne, Erlösung und Verdammnis. Damit bieten sie auf ungewohnte Weise Raum für religiöse und existentielle Lebensthemen und greifen dabei christliche Motive auf, die auf ihre glaubensferne Fangemeinde wohl sehr fremd wirken mögen. So zeigen Horrorfilme, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als für die Augen sichtbar ist – und das nicht nur an Halloween.

Von Roland Müller