Rabbiner warnt vor Vertrauensverlust von Juden in deutsche Politik
Der Berliner Rabbiner Yehuda Teichtal warnt vor einem sinkenden Vertrauen von Juden in die deutsche Politik. Er unterhalte sich oft mit Politikern, "die dies und jenes nicht in Ordnung finden. Aber sie tun trotzdem nichts", sagte Teichtal im Interview der "Welt" (Samstag). Dadurch sinke das Vertrauen. Er forderte die Politik auf, Gesetze so zu gestalten, dass sich die Menschen vom Rechtsstaat auch tatsächlich geschützt fühlten.
In der Schule ansetzen
Politiker könnten darüber hinaus mehr im Bildungsbereich tun. Viele Lehrer wüssten nicht, wie sie mit Antisemitismus an der Schule umgehen sollten, sagte Teichtal: "Wir sollten Lehrende auf allen Ebenen - an Schulen, Hochschulen, Universitäten - befähigen, Zeichen zu setzen". Sie müssten zum Beispiel erkennen können, dass ein Schüler unter Diskriminierung leide. Wichtig sei Prävention, denn bei Kindern könne man noch viel bewirken. Bildung müsse allerdings auch mit "persönlicher Verantwortung" einhergehen.
Oft fehle es in der Gesellschaft an Zivilcourage, beklagte der Rabbiner. "Die Mehrheit will Toleranz, sie will ein jüdisches Leben in Deutschland. Aber die Frage ist, ob die Menschen bereit sind, in dem Moment, wo es darauf ankommt, aufzustehen." Antisemitismus habe in Deutschland immer geschwelt. In den vergangenen Jahren sei er auch wegen des Aufstiegs der AfD und der Zuwanderung aus muslimischen Ländern wieder offen zutage getreten.
Der Rabbiner war selbst Ende Juli auf Arabisch antisemitisch beschimpft und bespuckt worden war. Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen die Ermittlungen eingestellt, weil die Täter nicht eindeutig zu identifizieren waren. (gho/KNA/epd)