Ackermann: Kirchensteuer für Missbrauchs-Entschädigung alternativlos
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann sieht keine Alternative zur Zahlung von Entschädigungsleistungen für Missbrauchsopfer aus der Kirchensteuer. Auch wenn es vielen Gläubigen widerstrebe, mit ihren Beiträgen für Verfehlungen einzelner Geistlicher einzustehen, seien die Kirchenmitglieder als Solidargemeinschaft in der Pflicht, sagte der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz am Sonntag in Trier. Ähnlich müssten die Steuerzahler auch für die gescheiterte PKW-Maut aufkommen: "Wir zahlen auch für Andi Scheuers Autobahnen", so der Bischof.
Ackermann verwies dabei auch auf Beiträge der Kirche für den Entschädigungsfonds für Heimkinder und für die Stiftung "Anerkennung und Hilfe" für Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Behindertenhilfe oder Psychiatrie. Auch hier müsse die Solidargemeinschaft zahlen, da die einzelnen, meist längst verstorbenen Täter nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden könnten.
"Wir kriegen auf jeden Fall wieder Prügel"
In der Frage nach der Höhe der Entschädigungsleistungen erwartet der Missbrauchsbeauftragte noch harte Auseinandersetzungen. Aber dieser Streit müsse sein, und es werde sicher kein für alle Seiten zufriedenstellendes Ergebnis geben können: "Wir kriegen auf jeden Fall wieder Prügel – egal was wir entscheiden." Das Ziel müsse "ein opferorientiertes und möglichst gerechtes System" sein. Ackermann äußerte sich beim Jahrestreffen der katholischen Journalistenschule ifp.
Nach der bisherigen Regelung der Bischofskonferenz zur "Anerkennung zugefügten Leids" erhalten Betroffene Pauschalzahlungen von rund 5.000 Euro, in Einzelfällen auch mehr. Bislang wurden dafür rund 9,7 Millionen Euro bewilligt.
Eine von der Bischofskonferenz eingesetzte Arbeitsgruppe unter Beteiligung von Missbrauchsopfern hatte im September ein Empfehlungspapier vorgelegt, das für eine Neuregelung zwei Modelle vorschlägt. Das eine sieht eine pauschale Entschädigung in Höhe von rund 300.000 Euro pro Fall vor, das andere ein abgestuftes Entschädigungsverfahren, bei dem je nach Schwere des Falls zwischen 40.000 und 400.000 Euro gezahlt werden sollen. Schätzungen zufolge könnte dies Zahlungen von insgesamt bis zu einer Milliarde Euro nach sich ziehen. Bei der vergangenen Vollversammlung der Bischofskonferenz in Fulda hatten sich die Bischöfe grundsätzlich auf eine Neuregelung der Zahlungen an die Opfer verständigt. Eine konkrete Entscheidung steht noch aus.
Mehrere Kirchenvertreter hatten zuletzt davor gewarnt, Entschädigungszahlungen aus Kirchensteuermitteln zu finanzieren. Der Jesuitenpater Klaus Mertes, der 2010 den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche in Deutschland öffentlich gemacht hatte, betonte, dass dadurch die Gläubigen, die keine Schuld an Missbrauch und Leitungsversagen haben, zu sekundär Betroffenen des Missbrauchs würden. Zudem könnte der "fatale" Eindruck entstehen, die Kirchenleitung kaufe sich auf Kosten des Kirchenvolkes frei, so Mertes. Ähnlich äußerte sich der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg: "Es muss die grundsätzliche Frage gestellt werden, ob überhaupt die Beiträge der Gläubigen zu Entschädigungszahlungen herangezogen werden können, die in einer Institution geschehen, aber nicht von ihr beabsichtigt worden sind." (mal/KNA)