Serie: Aus dem Priesterseminar – Teil 4

Meine Ausbildung im Priesterseminar ist mehr als nur Theorie

Veröffentlicht am 18.11.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Jugendliche halten Kerzen in ihren Händen.
Bild: © KNA

Bonn ‐ Die ersten Jahre im Priesterseminar sind vom Theologiestudium geprägt und legen damit in der Ausbildung einen Schwerpunkt auf die Theorie. Doch die Zeit als Seminarist hat auch praktische Anteile, weiß Johannes Köhler im vierten Teil der katholisch.de-Serie zu berichten.

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Wenn man manche Mitbrüder fragen würde, was sie an der Ausbildung im Priesterseminar am meisten kritisieren, wäre die Antwort wohl klar: "Die Praxis fehlt." Ich finde das allerdings weder verwunderlich noch besonders schlimm. In der ersten Phase der Ausbildung ist eben das Studium dran, also Theorie. Wir studieren dafür an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen – und leben sogar auf dem Campus. Mir selbst machen Theologie und Philosophie Freude. Und bisher lief das Studium auch recht erfolgreich. Aber irgendwann endet es. In meinem Falle voraussichtlich in zwei Semestern, dann hoffentlich mit Magister theologiae und dem Bachelor in Philosophie.

Predigen und Beichte-Hören werden geübt

Erst dann wird’s wirklich praktisch, nämlich im Pastoralkurs. Wie genau der aussehen wird, weiß ich zwar noch nicht. Einiges muss man aber üben und ausprobieren, bevor man auf die Gläubigen "losgelassen" wird: Wie nehme ich eine Beichte ab? Wie halte ich eine gute Predigt? Wie funktioniert die Verwaltung? Aber auch ein Kind zu taufen oder eine Messe zu feiern, muss man üben. Ich bin gespannt, wie wir das lernen werden. Ein bisschen was über die Zeit nach dem Studium weiß man aber schon, bevor es losgehen wird.

Der Pastoralkurs besteht unter anderem aus gemeinsamen Wochen mit den angehenden Pastoral- und Gemeindereferenten im Priesterseminar Limburg. Dort geht es um Themen wie Jugendpastoral, Religionspädagogik, Gemeindediakonie oder um die Leitung von Gruppen. Andere Kurse finden dann nur für Priesteramtskandidaten – meist aus verschiedenen Bistümern –  in Hamburg und Osnabrück statt. Themen sind Theologie und Spiritualität des Diakonats und des Priestertums, die zölibatäre Lebensform, Tagzeitenliturgie, Pastoralliturgik, Liturgischer Gesang, Homiletik, Sakramentenpastoral, Kirchliches Recht, Trauerpastoral oder Pastorale Gesprächsführung.

Bild: ©privat

In der Kapelle der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt feiert die Seminargemeinschaft Gottesdienst.

Das bedeutet aber nicht, dass wir vorher ganz ohne praktische Erfahrungen auskommen müssen. Das fängt schon damit an, dass wir Aufgaben in der Liturgie übernehmen. So gehört das regelmäßige Ministrieren fest dazu. Am Anfang des Studiums wird man außerdem zum Lektor beauftragt und darf dann in der Heiligen Messe die Lesung vortragen. Außerdem muss man Fürbitten und das Liedprogramm vorbereiten. Dazu gibt es auch an der Hochschule Kurse, die wir besuchen – und danach heißt es "learning by doing". Das Praktische am Seminar ist allerdings, dass es immer auch Seminaristen aus höheren Semestern gibt, die einem helfen. Denn es ist gar nicht so einfach, wenn man etwa den Psalm das erste Mal alleine vorsingen muss. Damit das klappt, erhalten wir aber zusätzlich an der Hochschule und im Seminar noch Sprecherziehung und Gesangsunterricht.

Später wird man zum Akolythen beauftragt und darf die heilige Kommunion austeilen und die Kelche und Schalen reinigen. Ebenso gehören eucharistische Andachten zu den Aufgaben oder den Kranken die Kommunion zu bringen. Auch hierfür bekommen wir natürlich eine kleine Einführung, bevor wir dann unseren Dienst verrichten dürfen. So wird man auch an die Liturgie mehr und mehr herangeführt.

Im Priesterseminar gibt es einen "Liturgiepräfekt"

Das Predigen lernen wird in den Homiletik-Kursen. Zwei Kurse gehören schon ins normale Studium in Sankt Georgen. Dazu kommt, zumindest einmal im Semester eine kleine "Statio" zu halten, eine Art Mini-Predigt zu Beginn der Messfeier, die auf den Gottesdienst vorbereiten soll. Ich selbst habe daneben noch zwei Rhetorik-Kurse besucht, die im Philosophiestudium dazu gehören.

Darüber hinaus sollen wir im Priesterseminar in verschiedenen Hausämtern lernen, Verantwortung zu übernehmen. So war ich als "Liturgiepräfekt" für zwei Semester dafür zuständig, die liturgischen Dienste einzuteilen und mich um den Gottesdienstplan zu kümmern. Normalerweise hat jeder Seminarist im Laufe des Studiums ein solches Hausamt inne, getreu dem Motto: "Wer im Kleinen treu ist, der ist es auch im Großen." (ähnlich wie in Mt 25,21)

Der Eingangsbereich der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt
Bild: ©picture alliance/Silas Stein/dpa

Der Eingangsbereich der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt.

Jeder Seminarist muss außerdem ein soziales oder diakonales Engagement haben. Für mich ist das die Jugendarbeit bei den Pfadfindern. Dort habe ich auch Schulungen für Gruppenleiter gemacht und dabei einiges gelernt, was ich auch später gebrauchen kann. Ich hatte außerdem das Glück, dass zur Leiterausbildung im Pfadfinderverband DPSG auch eine Praxisbegleitung gehört und ich so nochmal unterstützt wurde. Auch das Engagement in meiner katholischen Studentenverbindung hilft mir, denn auch hier lernt man Verantwortung in Vorstandsämtern zu übernehmen – und vor allem erhält man kritische Rückmeldungen, aber auch ehrliches Lob.

An Priestern orientieren um pastorale Praxis zu lernen

Besonders wichtig sind aber auch die Praktika, die wir Seminaristen aus Sankt Georgen absolvieren müssen. Direkt nach dem ersten Semester habe ich ein Pfarrpraktikum gemacht, um entscheiden zu können, ob die Arbeit in der Seelsorge für mich taugt. Ich habe mit dem Pfarrer im Pfarrhaus gelebt, habe die Gemeinde kennen gelernt, war mit der Pastoralassistentin an der Schule und konnte so sehen, wie die Seelsorge in einer anderen Gemeinde als meiner Heimatpfarrei aussieht. Mich hat das Praktikum damals sehr bestärkt. Ich habe einen überzeugenden Priester kennengelernt, der sich wirklich für das Haus des HERRN verzehrt hat (Ps 69,10) – kein halbes Jahr später ist Pfarrer Franz-Josef Kremer leider überraschend verstorben. Vielleicht ist die Orientierung an priesterlichen Gestalten aber der beste Weg, um die pastorale Praxis zu lernen.

Im März steht für mich noch ein Schulpraktikum an, das ergänzend zu den anderen religionspädagogischen Lehrveranstaltungen ist. Mein drittes Praktikum ist das sogenannte Wahlpraktikum, das ich im Medienbereich machen wollte. Motiviert wurde das auch durch meine Teilnahme am Medienstudienprogramm von Sankt Georgen, das tatsächlich sehr praktisch orientiert ist. Gelandet bin ich schließlich bei katholisch.de, wo ich jetzt diese Zeilen schreiben darf und hoffe, auch einiges für meine spätere Arbeit mitnehmen zu können. Die Rückmeldungen zu Stil und Sprache werden mir auf jeden Fall für das Predigt-Schreiben helfen, da bin ich mir sicher. Und Verkündigung findet schließlich auch in den Medien statt. Das kann man praktischerweise ebenfalls schon in der Seminarzeit tun.

Von Johannes Köhler

Linktipp: So sieht mein Tag im Priesterseminar aus

"Bete und lerne" – könnte das ein Motto für die Seminaristen aus Sankt Georgen sein? Zwar liegt Johannes Köhler ein tägliches Gebet sehr am Herzen, doch sieht sein Terminplan auch noch andere Dinge vor. Wie so ein Tag für ihn genau abläuft, verrät unser Autor im dritten Teil der katholisch.de-Serie.