Öffentliche Empörung habe "synodalen Weg" überhaupt möglich gemacht

ZdK-Vizepräsidentin: Drohende Austrittswelle steigert Reformdruck

Veröffentlicht am 22.11.2019 um 14:00 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Kirchenaustritte als Chance für Reformen? Das wäre zwar "die harte Tour", sagt ZdK-Vizepräsidentin Claudia Lücking-Michel. Aber auch der "synodale Weg" selbst wäre wohl ohne den öffentlichen Druck nicht zustande gekommen.

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Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sieht durch eine drohende Austrittswelle in der katholischen Kirche den Reformdruck steigen. "Wenn es gar nicht anders geht, dann werden rasante Austrittszahlen den Druck so erhöhen, dass sich manches durchsetzen lässt, worauf wir bisher nicht zu hoffen wagen", sagte Vizepräsidentin Claudia Lücking-Michel am Freitag in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Sie bezog sich unter anderem auf die vielfach kritisierte Aussage des Trierer Bischofs Stephan Ackermann, Entschädigungen für Missbrauchsopfer notfalls aus Kirchensteuermitteln zu finanzieren. Eine Austritswelle wäre zwar "die harte Tour", doch habe etwa erst die öffentliche Empörung über die Ergebnisse der MHG-Studie dazu geführt, dass ein "synodaler Weg" überhaupt möglich sei. so Lücking-Michel weiter. Sie äußerte sich am Rande der ZdK-Vollversammlung, die aktuell in Bonn stattfindet.

Dabei stimmen die Mitglieder unter anderem über die Satzung des geplanten Reformprozesses in der katholischen Kirche in Deutschland ab. Dieser sieht vor, dass Beschlüsse mit Zwei-Drittel-Mehrheit gefasst werden müssen. Zusätzlich muss es auch unter den Bischöfen eine Zwei-Drittel-Mehrheit geben. Dieser Kompromiss sei aus der Sorge der Bischöfe heraus entstanden, überstimmt zu werden, so Lücking-Michel. Sie sei gespannt, wie nach dem "synodalen Weg" mit den Beschlüssen umgegangen werde. Ihre Umsetzung liege in der Hand der Bischöfe. "Wir können nicht anders als darauf setzen und hoffen, dass es diesmal ernst gemeint ist und es so eine Art Selbstverpflichtung gibt, dass Bischöfe das dann auch umsetzen", sagt die ZdK-Vizepräsidentin. Zudem gebe es einen Entscheidungs- und Problemdruck.

Nicht "positionslos" in den Reformprozess

Bei der diesjährigen Vollversammlung gehe es darum, die Befürwortung der Segnung homosexueller Paare mit Argumenten zu untermauern. Das ZdK hatte sich bereits bei seiner Vollversammlung 2015 dafür ausgesprochen. Zudem will das Gremium nun Ansätze für eine entsprechende Pastoral entwickeln. Bei diesem Thema gebe es noch Diskussionsbedarf in der Bischofskonferenz, daher werde es im Blick auf den Start des "synodalen Wegs" als "Ärgernis" wahrgenommen, so Lücking-Michel. Doch man könne nicht "positionslos" in den Reformprozess gehen und die eigenen Anliegen verleugnen, "sondern mit dem klaren Signal: Das ist uns wichtig, dafür stehen wir, das können wir begründen".

Claudia Lücking-Michel ist seit 2005 Vizepräsidentin des ZdK. Zusammen mit dem Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann leitete sie das Forum "Macht, Partizipation und Gewaltenteilung". Es ist eines von vier, die den "synodalen Weg" vorbereiteten. Der Reformprozess selbst soll am ersten Advent beginnen. (mal)