Wie sich der Frauenverband in den Prozess einbringen will

Kfd zu "synodalem Weg": Bei diesen Themen ziehen wir rote Linien

Veröffentlicht am 10.12.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der "synodale Weg" nimmt bald seine Arbeit auf. Wie hat sich die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) darauf vorbereitet? Die stellvertretende Bundesvorsitzende Agnes Wuckelt erklärt, wie sich der Verband einbringen wird – und welche (Nicht-)Entscheidungen er nicht akzeptieren würde.

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Wenn der "synodale Weg" mit der ersten Plenarversammlung Ende Januar auch inhaltlich beginnt, wird die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) dabei sein. Im Gepäck hat sie dabei den Willen zu einer konstruktiven Auseinandersetzung, aber auch klare Positionen und Forderungen. Im Interview kündigt die stellvertretende Bundesvorsitzende Agnes Wuckelt an, dass die kfd nicht grenzenlos geduldig sein wird.

Frage: Frau Wuckelt, der offizielle Startschuss für den "synodalen Weg" ist gefallen. Wie sieht die Strategie der kfd für den Prozess aus?

Wuckelt: In erster Linie bringen wir uns natürlich personell ein. Die Wahl bei der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) hat ergeben, dass die kfd drei Synodalinnen stellen wird – darunter bin auch ich. Der nächste Schritt ist, dass wir auch in den Foren des "synodalen Wegs" präsent sein wollen. Hier sind uns vor allem die Foren "Dienste und Ämter von Frauen in der Kirche", "Macht, Partizipation und Gewaltenteilung" sowie "Sexualmoral" wichtig. Für diese Foren hat sich jeweils eine unserer Vertreterinnen beworben. Ich war bereits im vorbereitenden Forum "Dienste und Ämter für Frauen" und habe mich deshalb bereiterklärt, dort weiter mitzumachen. Beim Forum "Priesterliche Lebensform" haben wir keine dringende Notwendigkeit zur Mitarbeit gesehen. Aber grundsätzlich wollen wir als kfd natürlich unsere Positionen in den gesamten "synodalen Weg" einbringen.

Frage: Welche Positionen wollen Sie besonders stark machen?

Wuckelt: Wir werden weiterhin darauf pochen, dass es eine konsequente Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs gibt und die Täter straf- und kirchenrechtlich belangt werden. Zusätzlich hat geistlicher Missbrauch dazu geführt, dass Frauen sich in dieser Kirche klein und minderwertig fühlen. In diesem Bereich gibt es noch viel aufzuarbeiten. Außerdem muss sich in der Struktur der Kirche dringend etwas verändern. Ein wesentlicher Punkt ist dabei die Beteiligung von Frauen in der Leitung auf allen Ebenen der Kirche.

Frage: Wie stellen Sie sich diese Beteiligung konkret vor?

Wuckelt: Die weitestgehende Forderung – und dafür haben wir uns schon mehrfach explizit ausgesprochen – ist der Zugang von Frauen zur Priesterweihe, gerne in einem ersten Schritt über den sakramentalen Diakonat der Frau. Aber zunächst einmal halten wir es für elementar, dass Frauen in alle Leitungspositionen kommen, für die keine Weihe erforderlich ist. Hier ist das, was kirchenrechtlich möglich wäre, noch längst nicht erschöpft. Die Bischöfe haben sich bei ihrer Frühjahrsvollversammlung im März darauf verständigt, dass sie den Frauenanteil in den Leitungspositionen der Diözesen auf ein Drittel steigern wollen. Wir fordern aber 50 Prozent.

Bild: ©Foto: kfd

Die Theologin Agnes Wuckelt ist Stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd). Sie ist eine der Deligierten des Verbands beim "synodalen Weg".

Frage: Bei welchen Entscheidungen oder Nicht-Entscheidungen würde Sie eine rote Linie ziehen und sagen: Das ist für uns als kfd nicht verhandelbar?

Wuckelt: Alle Änderungen zugunsten von Frauen, die die deutschen Bischöfe vom Kirchenrecht gedeckt für ihre Diözese entscheiden können, müssen bereits während des Prozesses angegangen werden: vor allem die Beteiligung von Frauen bei Entscheidungsprozessen. Wenn sich hier nichts tun würde, dann weiß ich nicht, inwieweit wir noch Energie in den "synodalen Weg" hineinstecken wollen. Beim Thema Frauen in diözesanen Führungspositionen müssen die Bischöfe nicht in Rom nachfragen. Wenn sich da nachweisbar nicht schnell etwas tut, wäre für uns sicherlich eine rote Linie überschritten.

Frage: Angenommen, die Bischöfe kommen dem nach und beschließen eine Frauenquote von 50 Prozent für diözesane Leitungsposten – würden Sie dann in Kauf nehmen, dass es beim Thema Frauenweihe zu keinem Fortschritt kommt?

Wuckelt: Uns ist selbstverständlich bewusst, dass es in dieser Frage keinen Alleingang der deutschen Bischöfe geben kann. Dennoch halten wir es für unabdingbar, dass die Bischöfe ein plausibles und nachhaltiges Votum zur Frauenweihe nach Rom senden. Damit würden sie zum Ausdruck bringen, dass das nicht nur in der Kirche in Deutschland, sondern auch weltkirchlich virulent ist. Wenn das nicht erfolgen würde, wäre in unseren Augen definitiv auch eine rote Linie überschritten.

Frage: Ihre Positionen werden vermutlich von den meisten weiblichen Delegierten beim "synodalen Weg" mitgetragen. Personell werden die Frauen aber in der Minderheit sein. Wie schaffen es die Frauen, nicht "unterzugehen"?

Wuckelt: Schon das Gebet zum "synodalen Weg" ist überhaupt nicht geschlechtergerecht. Da haben wir interveniert. Außerdem fragen wir uns, warum die Gottesdienste, die den "synodalen Weg" begleiten sollen, immer von Männern zelebrierte Eucharistiefeiern sein müssen. Bei einer Wort-Gottes-Feier beispielsweise kann auch eine Frau am Altar stehen. Das wäre doch ein schönes Signal. Außerdem werden wir Frauenforen bilden, die sich gegenseitig stützen und ihre Stimme in den "synodalen Weg" einbringen.

Linktipp: Kfd zu Frauenweihe: Das Totschlagargument Weltkirche zieht nicht

Ob der "synodale Weg" ein Erfolg werden kann, hängt vom Umgang mit der Frauenfrage ab – da ist sich Agnes Wuckelt sicher. Die stellvertretende Bundesvorsitzende der kfd meint, dass das Kirchenrecht in diesem Bereich schon jetzt deutlich mehr Möglichkeiten biete – die aber nicht in allen Bistümern gewollt seien und ausgeschöpft würden.

Frage: Sie haben bereits angedeutet, dass Situationen eintreffen könnten, bei denen Sie Ihr Engagement beim "synodalen Weg" überdenken würden. Würden sich die Bischöfe beeindrucken lassen, wenn Sie aus den Beratungen aussteigen?

Wuckelt: Sicherlich nicht alle. Aber bevor wir diesen Schritt tun, wäre auf jeden Fall noch einmal eine Verdeutlichung der Gründe notwendig oder eine Art Ultimatum. Ich persönlich würde ungern so schnell aufgeben, denn dann würden wir denen das Heft des Handelns überlassen, von denen wir es uns nicht wünschen. Aber sollte es tatsächlich so kommen, bin ich überzeugt, dass die Delegierten der Laienverbände an einem Strang ziehen würden.

Frage: Haben Sie beobachtet, dass sich jemand total verbissen in diesen Prozess hineinbegibt?

Wuckelt: Auf der einen Seite gibt es Leute – übrigens auch in den Verbänden und im ZdK –, die sagen, dass das überhaupt nichts bringe. Manche plädieren dafür, den ganzen Prozess nochmal neu zu durchdenken und würden gerne noch tausend Änderungen an der Satzung vornehmen. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch die ganz Ungeduldigen, die im Grunde schon bewaffnet dastehen und sagen, dass jetzt unbedingt etwas passieren muss. Ich glaube, mit einer solchen Einstellung den "synodalen Weg" zu beginnen, wäre kontraproduktiv. Wir als kfd sind gewiss auch nicht grenzenlos geduldig und werden widersprechen, wenn es nötig ist. Allerdings nicht um des Widerspruchs willen, sondern weil wir gute Argumente haben.

Frage: Schon im Vorfeld gab es von mehreren Seiten Kritik an der Gestaltung des "synodalen Wegs". Ist das nicht eine ziemlich große Hypothek?

Wuckelt: Da kommt natürlich viel Arbeit auf uns zu. Aus meiner Sicht liegt aber in den Vorwürfen, der "synodale Weg" habe zu wenig den Glauben und die Evangelisierung im Blick, ein Anknüpfungspunkt: Vielleicht können wir nochmal gemeinsam darüber nachdenken, was es eigentlich bedeutet, das Evangelium zu leben. Das heißt nämlich auch, ganz konkrete Veränderungen in der Kirche vorzunehmen. Ich habe viele Bischöfe kennengelernt, die mutig sind. Sie sagen, wenn wir wollen, dass die Kirche Bestand hat, müssen wir vorangehen. Sie sind davon überzeugt, dass mit dem "synodalen Weg" etwas Richtiges und Wichtiges angegangen wird. Wenn die Synodalversammlungen oder die Foren in einer solchen Atmosphäre stattfinden, wird sicherlich einiges vorangehen.

Synodaler Weg
Bild: ©KNA/Harald Oppitz

"Wenn es in den Synodalversammlungen tatsächlich ein konstruktives Miteinander gibt, kann der 'synodale Weg' zum Vorbild für die Bistümer, Dekanate oder pastorale Räume werde", betont Agnes Wuckelt.

Frage: Was ist Ihr Wunsch für die Beratungen?

Wuckelt: Es wäre sicherlich toll, wenn die Teilnehmenden nicht irgendwelche Scheren oder Paragrafen im Kopf haben, die von vorneherein Beiträge ausschließen oder gar nicht zu ihrem Recht kommen lassen. Wenn wir das schaffen, wäre bereits viel gewonnen. Dann wird aus meiner Sicht auch der Weg zu konkreten Ergebnissen leichter. Und ich bin überzeugt: Wenn es in den Synodalversammlungen tatsächlich ein konstruktives Miteinander gibt, kann der "synodale Weg" zum Vorbild für die Bistümer, Dekanate oder pastorale Räume werden.

Frage: Sie sehen ihn also als Startschuss für eine synodale Kirche in Deutschland?

Wuckelt: Natürlich. Es wäre ja schade, wenn der "synodale Weg" in zwei Jahren einfach vorbei ist. Er soll sich ausbreiten in die unterschiedlichen Ebenen des kirchlichen Lebens. Ich finde, der Kirche tut mehr Synodalität gut.

Frage: Glauben Sie, dass sich durch den "synodalen Weg" tatsächlich etwas ändern wird?

Wuckelt: Die Hoffnung darauf ist in jedem Fall da. Wir als kfd wollen unseren Beitrag dazu leisten. Am Ende heißt es bestimmt auch, abzuwarten. Sicherlich wird es Barrieren geben, vielleicht auch Rückschritte. Aber ich vertraue darauf, dass dabei Menschen zusammenkommen, die das Beste für die Kirche wollen. Ich vertraue aber genauso auf das Wirken der Heiligen Geistkraft beim "synodalen Weg". Deshalb hat der Prozess in meinen Augen auch eine Chance. Ich sage immer, es ist die letzte Chance – und die will ich der Kirche gerne geben.

Von Matthias Altmann