Benediktiner: Orden sind Vorreiter für synodale Verfassung
Katholische Ordensgemeinschaften können kirchlichen Reformbestrebungen wie dem Synodalen Prozess durch ihre Verfasstheit wichtige Inspirationen liefern: Das betonte der Münchner Kirchenrechtler und Benediktiner Stephan Haering bei einem Gastvortrag in Graz. In den Ordensregeln der einzelnen Gemeinschaften seien Rechte und Pflichten ihrer Oberen sowie Aufgaben wie Beratung, Berichterstattung und Vermögensverwaltung genauestens geregelt. Haering sprach zum Thema "Leitung in der Kirche: Das Beispiel der Orden".
Exemplarisch präsentierte Haering einige Leitungsmodelle in den Ordensgemeinschaften. Das Kirchenrecht setzt das Generalkapitel als oberstes Leitungsgremium fest und auch dessen Aufgabe, "die geistliche Identität (...) zu wahren, das Vermögen zu verwalten sowie die Gesamtheit als auch die Einheit darzustellen", so der Experte für Ordensrecht. Um ein Parlament handele es sich dabei allerdings nicht. Vielmehr bestimme jede Ordensgemeinschaft eigenrechtlich, wie das alle vier bis sechs Jahre tagende Generalkapitel bestückt wird.
Rat als Stütze und Korrektiv
Bei den eigenständigen Klöstern, die sich auf den heiligen Benedikt berufen, wird die Wahl von Äbten genau geregelt; allerdings schweigt die Benediktregel zur Frage nach der Amtszeit. Früher war die Amtszeit meist lebenslang. "Man argumentierte, dass auch die Vaterschaft nie ende", so Haering. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) sehe das Eigenrecht allerdings eine begrenzte Amtszeit vor. Damit werde einerseits verhindert, dass ein Oberer "immer von einer Gemeinschaft zur nächsten weitergereicht" wird, erläuterte Haering. Andererseits beobachtet er auch hier eine "Befruchtung des Leitungsamtes". Es erlaube einem Oberen, selbst einmal Untergebener des Oberen sein zu können - wie auch umgekehrt.
In ihren Entscheidungen müssen alle Oberen laut dem Kirchenrecht auch einen Rat zur Seite haben, der sie bei der operativen Führung als Stütze und Korrektiv begleitet. Eine solche Funktion erfüllt auch das Konventkapitel oder ein eventueller Wirtschaftsrat. Für die Vermögensverwaltung habe jedes Ordensinstitut einen eigenen Ökonomen unter der Leitung des Ordensoberen. Das entlaste letzteren einerseits, etabliere zugleich aber auch das Vier-Augen-Prinzip als Kontrollfunktion. Regelmäßige Berichterstattung oder auch das Instrument der Visitation sollen Gefahren für die Gemeinschaft frühzeitig sichtbar machen. (KNA)