Abtreibungswerbung: Verurteilung von Ärztin Hänel erneut bestätigt
Im Strafprozess gegen die Ärztin Kristina Hänel hat das Landgericht Gießen in der erneuten Berufungsverhandlung die Verurteilung der Angeklagten wegen verbotener Werbung für Abtreibungen bestätigt. Zugleich reduzierte das Gericht in seinem Urteil am Donnerstag die ausgesprochene Geldstrafe von 6.000 Euro auf 2.500 Euro.
Das Gericht folgte damit weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte dafür plädiert, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen. Hänel kann nun noch Revision beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt einlegen. Falls sie auch dort scheitere, wolle sie vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, kündigte sie nach dem Urteilsspruch an.
Hänel musste sich erneut wegen des Vorwurfs der verbotenen Werbung für Abtreibungen verantworten, der in Paragraf 219a des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt ist. Die Neuverhandlung wurde erforderlich, nachdem das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt im Sommer 2019 das im Oktober 2018 ergangene Urteil des Landgerichts Gießen aufgehoben hatte. Dieses hatte eine – vom Amtsgericht Gießen ausgesprochene – Verurteilung Hänels zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro wegen Verstoßes gegen Paragraf 219a bestätigt. Das OLG Frankfurt befand, es lasse sich nicht ausschließen, dass die seit März 2019 geltende Neufassung des Strafrechtsparagrafen zu einer für die Angeklagte günstigeren Bewertung führe.
Keine normale ärztliche Dienstleistung
Die Strafnorm untersagt das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in grob anstößiger Weise geschieht. Damit soll gewährleistet werden, dass ein Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit nicht wie eine normale ärztliche Dienstleistung dargestellt wird. Die 63-jährige Gießener Allgemeinmedizinerin hatte auf der Internetseite ihrer Praxis darauf hingewiesen, auch Schwangerschaftsabbrüche anzubieten und dabei ein PDF-Dokument verlinkt, das auch Informationen zu möglichen Methoden des Abbruchs enthielt. Abtreibungsgegner hatten dies entdeckt und Hänel angezeigt.
Bei der nach einer monatelangen politischen Debatte im Februar 2019 beschlossenen Reform der Strafnorm wurde der Paragraf 219a gelockert. Ärzte dürfen demnach "auf die Tatsache hinweisen", dass sie Abtreibungen vornehmen, aber weiterhin nicht darauf, welche Methoden sie anwenden. Die katholische Kirche hatte die Reform kurz vor der der Entscheidung des Bundestags als "überflüssig" bezeichnet. Frauen könnten "bereits heute vielfältige Informationen aus unterschiedlichsten Informationsquellen erhalten", sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, damals.
Die katholische Kirche lehnt Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich ab. Für sie beginnt das menschliche Leben mit der Vereinigung von Samenzelle und Eizelle. Daher setzt sich die Kirche für einen unbedingten Lebensschutz von Anfang an ein. (mal/KNA)