Für bürgerliche Religion
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Ein englischer Nachruf auf den unlängst verstorbenen Theologen Johann Baptist Metz war betitelt: "Gegen bürgerliche Religion". Aus der Überschrift weht noch der Geist der siebziger Jahre herüber, in denen das Bürgertum der Feind schlechthin war.
Inzwischen sind wir weiter. Heute sind die radikalisierenden Populismen der Gegner. Die geben sich selber gerne antibürgerlich. Und vielleicht wird Manchem erst bei deren fortlaufenden Attacken gegen Institutionen und Traditionen deutlich, was das Bürgerliche so alles an Gutem zu bieten hatte: Vernünftigkeit, rechtes Maß, Stabilität, Bildungsstreben, die Bereitschaft sich mit der Komplexität des Alltags zu arrangieren ohne auf simple Hau-Ruck-Lösungen zu verfallen, Veränderung statt Umbruch, Vermeidung von Enthusiasmus, Religion ohne Exzess. Diese vergleichsweise unspektuläre Bürgerlichkeit wird vor allem dort bemerkt, wo sie zu fehlen beginnt.
Das fällt auch einem Mönch auf, obwohl der Weg ins Kloster ja oft genug antibürgerlich motiviert ist. Aber da, wo eine ernsthafte und langfristige Berufung heranreift, müssen auch einige dieser eher bürgerlichen Tugenden mitwachsen. Wo das nicht geschieht, kommt es zu Einseitigkeiten und Verdrehungen. Und die können fatal sein, wie man einigen der "Neuen Bewegungen" erkennt, in denen man vor zwei Jahrzehnten noch die Zukunft der Kirche gesehen wurde, und die heute die Kirchenobrigkeit und auch die Justiz beschäftigen.
Wahrscheinlich gibt es auch in der Religion den Karikatur-Typus des selbstzufriedenen Spießers, dessen instinktive Ablehnung ja wohl am Ursprung des antibürgerlichen Affekts der Metz-Jahre steckt. Am Typ - eher als am konkreten Einzelnen - darf man sich allerdings abarbeiten, um die Lebendigkeit der Gnade zu erhalten. Das ist wichtig. Die Unterschiedlichkeit der Stände verblasst dagegen wohl im Angesicht der Ewigkeit.