Spontane Gebet-Aktion vor dem Gefängnis von Melbourne

Australische Katholiken singen Weihnachtslieder für Kardinal Pell

Veröffentlicht am 27.12.2019 um 11:39 Uhr – Lesedauer: 
Kurienkardinal George Pell während der Weltbischofssynode zu Ehe und Familie am 6. Oktober 2014 im Vatikan.
Bild: © KNA

Melbourne ‐ Weihnachten als Fest der Liebe – auch für einen Straftäter. Darum sangen Katholiken vor dem Gefängnis von Melbourne für Kardinal George Pell. Der Initiator der Aktion legte den Vergleich mit einem Fall nahe, der in der Vergangenheit großes Aufsehen erregte.

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Etwa zwei Dutzend Menschen haben sich an Heiligabend vor dem Gefängnis von Melbourne versammelt und christliche Weihnachtslieder für Kardinal George Pell gesungen. "Wir wollen dem Kardinal so mitteilen, dass er geliebt und an Weihnachten nicht vergessen wird", sagte einer der Sänger dem "Catholic Herald" am Donnerstag. Man habe dem Kardinal Weihnachtsgrüße und mutmachende Botschaften in einem der Liederbücher am Empfang des Gefängnisses hinterlassen. Pell ist dort wegen sexuellen Missbrauchs inhaftiert.

Die Zusammenkunft sei spontan realisiert worden, so der Teilnehmer weiter. Ein User mit dem Pseudonym "Albert Dreyfus" hatte die Aktion in den sozialen Netzwerken vorgeschlagen. Albert Dreyfus war ein jüdischer Offizier der französischen Armee, der 1895 ungerechtfertigt des Verrats angeklagt und zu Kerkerhaft verurteilt wurde. Der antisemitisch-motivierte Fall hatte in Frankreich großes Aufsehen erregt.

Nach dem Weihnachtsliedersingen hielt eine vietnamesisch-katholische Jugendgruppe noch eine Rosenkranzprozession um das Gefängnis herum ab. Die Beteiligten beteten für den Kardinal, das Gefängnispersonal, weitere Insassen, für die Opfer sexuellen Missbrauchs und für die "Verteidigung der Rechte der Kirche und die volle und schnelle Entlastung Seiner Eminenz". Die Jugendlichen verglichen den Fall Pells mit der Inhaftierung eines vietnamesischen Kardinals durch das kommunistische Regime.

Der ranghöchste wegen Missbrauchs verurteilte Geistliche

George Pell, der frühere Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariates, war im Dezember 2018 von einer Jury für schuldig befunden worden, 1996 als Erzbischof von Melbourne einen 13 Jahre alten Jungen missbraucht und einen anderen belästigt zu haben. Im Februar war der Kardinal zu sechs Jahren Haft verurteilt worden, von denen er mindestens drei Jahre und acht Monate absitzen müsste, bevor ein Antrag auf vorzeitige Entlassung auf Bewährung gestellt werden kann. Er ist damit der ranghöchste katholische Geistliche, der bisher wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde.

Im August bestätigte ein Revisionsgericht die Verurteilung mit einer Zweidrittelmehrheit. Einer der Richter hielt die Aussagen des Opfers in einem Minderheitsurteil jedoch für nicht konsistent und voller Diskrepanzen. Deshalb beantragten Pells Anwälte erneut Berufung. Der Oberste Gerichtshof nahm den Antrag Mitte November an, erste Anhörungen werden voraussichtlich im neuen Jahr stattfinden. (cst)