Tradition und Volksglaube zum Ende der Rauhnächte

Salz, Wasser, Weihrauch und Kreide: Was am Dreikönigstag gesegnet wird

Veröffentlicht am 05.01.2020 um 12:52 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Wenn in diesen Tagen Kinder als Sternsinger Kreidebuchstaben an Türrahmen schreiben, ist das der Überrest eines alten Brauchs. Denn früher wurden so zu Beginn des neuen Jahres Haus und Hof gesegnet. Katholisch.de erklärt, warum dazu neben Kreide auch Weihrauch, Salz und Wasser nicht fehlen durften.

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In sehr vielen Gemeinden werden um den Festtag der Erscheinung des Herrn herum in den Gottesdiensten unterschiedliche Dinge gesegnet: Salz, Wasser, Weihrauch und Kreide. Oftmals findet diese Segnung zusammen mit der Aussendung der Sternsinger statt. Den Sternsingern werden die gesegneten Gaben anvertraut: Sie sollen den Weihrauch in die Häuser bringen, den Segenswunsch über die Türen schreiben und mit dem Weihwasser die Wohnungen besprengen.

Dabei ist der Brauch, am Dreikönigstag Salz, Wasser, Weihrauch und Kreide zu segnen, eigentlich viel älter, als die Aktion Sternsingen. Wahrscheinlich stehen diese Segnungen in engem Zusammenhang mit den sogenannten Rauhnächten und den Haussegnungen, die um diese Zeit herum praktiziert wurden.

Viele Geschichten und Bräuche rankten sich früher um den Dreikönigstag: Traditionell war die Nacht vom 05. auf den 06. Januar die stärkste der zwölf Rauhnächte und bis ins Jahr 1691 galt der 06. Januar als Zeitpunkt des Jahresbeginns. Die Bezeichnungen "Hochneujahr" oder "Großneujahr" für den Dreikönigstag erinnern noch heute an diese vergangene Zeit. Am 06. Januar wurden daher auch traditionell die Häuser und Höfe gesegnet: Man stellte das eigene Hab und Gut unter den Schutz des lebendigen Gottes und hoffte auf ein gutes, neues Jahr. Vermutlich werden Salz, Wasser, Weihrauch und Kreide daher bis heute am Dreikönigstag gesegnet. Und im Besuch der Sternsinger in den Wohnungen der Menschen hat sich ja der Brauch der Haussegnungen zum neuen Jahr zumindest rudimentär erhalten.

Salz

Es wirkt etwas ungewöhnlich, dass am Dreikönigstag das Salz mit einem eigenen Gebet gesegnet wird. Meist wird dem geweihten Wasser aus rein praktischen Gründen Salz zugesetzt: Es bewahrt das Wasser davor, zu verderben und erhält ihm auch nach längerer Zeit seine Frische. Das ist besonders dann wichtig, wenn das Weihwasser über einen bestimmten Zeitraum hinweg im Weihwasserbottich oder einer Flasche aufbewahrt wird.

Links im Bild eine Tonschale mit groben Salzkörnern, rechts daneben liegen eine handvoll Körner auf der Tischplatte.
Bild: ©Astrid Martin/Fotolia.com

Eine Schale voller Salzkörner.

Salz kennen wir heutzutage vor allem aus der Küche. Beim Zubereiten der Speisen kommt man ohne Salz eigentlich gar nicht aus. Eine Prise Salz schadet nie und sorgt dafür, dass das Essen auch die richtige Würze bekommt. Salz ist eines der ältesten und früher auch eines der kostbarsten Gewürze. In der Bibel kommt das Salz in einer sehr bekannten Geschichte vom Propheten Elischa prominent vor: Dort wird berichtet, dass es in einer Stadt viele Fehlgeburten gab, weil das Wasser der Quelle schal geworden war. Elischa warf Salz in die Quelle mit den Worten: "So spricht der Herr: Ich mache dieses Wasser gesund. Es wird keinen Tod und keine Fehlgeburt mehr verursachen." (2 Kön 2,21)

Das Segensgebet am Dreikönigstag verweist ausdrücklich auf dieses Wunder. In der Verbindung mit dem geweihten Wasser, dem das Salz beigegeben wird, kann dies heißen: Durch das Salz erhält das Wasser eine besondere Frische und wer mit ihm besprengt wird, der soll sich diese Dynamik und diese Lebenskraft bewahren. Wo Wasser, dem das Salz beigemischt wurde, versprengt wird, soll das Leben in seiner ganzen Frische aufblühen und sich entfalten.

Mancherorts kann man das gesegnete Salz auch mit nach Hause nehmen. Dort kann man es ganz gewöhnlich zum Kochen benutzen. Man kann es aber auch gesondert aufbewahren und jeden Tag eine kleine Prise davon auf der Zunge zergehen lassen. So lässt sich das Salz auskosten und es ist möglich, seine Würzkraft bewusst herauszuschmecken. Dann erinnert es an das Jesuswort, das er seinen Jüngern mit auf den Weg gegeben hat: "Ihr seid das Salz der Erde." (Mt 5,13) Wie dieses Salz sehr würzig schmeckt, so sollen auch wir Christen der Welt den richtigen Geschmack verleihen – und nicht lau oder fade unsere Botschaft verkünden.

Wasser

Mindestens zu zwei Terminen wird in der Kirche Weihwasser gesegnet: in der Osternacht und am Dreikönigsfest. Das Fest der Erscheinung des Herrn beinhaltet eigentlich drei Festinhalte, nämlich die Anbetung der Sterndeuter, die Taufe im Jordan und das Weinwunder auf der Hochzeit zu Kana. In Erinnerung an die Taufe Jesu wurde daher schon sehr früh am Epiphaniefest das Wasser gesegnet. Bereits Johannes Chrysostomos schreibt im 4. Jahrhundert über den Dreikönigstag: "Die Leute bringen um Mitternacht dieses Festes Wasser in Krügen, das sie geschöpft haben, nach Hause und bewahren es das ganze Jahr auf, weil heute dieses Wasser geheiligt ist."

Bild: ©dpa/epa ansa Claudio Onorati

Ein Geistlicher segnet die Gemeinde mit Weihwasser, dazu benutzt er das Aspergill, das er in einen Weihwasserkessel taucht.

In der Volksfrömmigkeit hat das Dreikönigswasser ebenso wie das Osterwasser eine besondere Bedeutung. Wahrscheinlich aufgrund der früher so hohen Bedeutung des Dreikönigstages hat man es als "hochgeweihtes" Wasser bezeichnet. In speziellen Behältnissen, die nur für dieses Wasser vorgesehen waren, hat man es mit nach Hause genommen und damit die Wohnungen und Ställe gesegnet. Auch heute nehmen viele Gläubige dieses Wasser mit nach Hause, um es in die Weihwasserkessel zu füllen und sich mit ihm in Erinnerung an ihre Taufe zu bekreuzigen.

Weihrauch

Weihrauch wird in der Liturgie eigentlich sehr häufig verwendet. Schon im Alten Testament wurde Weihrauch bei den Opferzeremonien entzündet, der Psalmist hat den emporsteigenden Weihrauch mit den Gebeten der Gläubigen verglichen: "Mein Bittgebet sei ein Räucheropfer vor deinem Angesicht" (Ps 141,2a).

Am Dreikönigstag wird der Weihrauch besonders in Erinnerung an die Gaben der Sterndeuter aus dem Osten gesegnet. Der Weihrauch, den sie dem Kind dargebracht haben, wurde theologisch als Symbol für den Gott gedeutet, den sie verehrten. Immerhin wurde in der antiken Umwelt dem römischen Kaiser, der als Gott verehrt wurde, Weihrauch vorangetragen, wenn er in eine Stadt kam. Ein alter Hymnus fasst die symbolische Bedeutung der Gaben der Weisen so zusammen: "Den König kündet an das Gold, dem Gott steigt auf des Weihrauchs Duft, doch weist voraus auf Tod und Grab der Myrrhenkörner Bitterkeit."

In der Volksfrömmigkeit wurde der gesegnete Weihrauch ebenfalls mit nach Hause genommen, wo man mit ihm durch die Wohnung zog, um so das Haus auszuräuchern und es unter Gottes Segen zu stellen. Dies hat sich übrigens bis heute erhalten, wenn die Sternsinger bei ihrem Besuch Weihrauch dabeihaben.

Bild: ©Kindermissionswerk

Ein Mädchen schreibt den Segensspruch der Sternsinger an eine Hauswand: Christus mansionem benedicat - C+B+D und das Jahr.

Kreide

Die Kreide ist heute vor allem für die Sternsinger bestimmt. Diese haben Kreide dabei, um über die Türen einen Segensspruch zu schreiben: 20*C+M+B+20. Der Segenswunsch setzt sich aus den aktuellen Jahreszahlen, einem Stern sowie drei Kreuzen und den Buchstaben C, M, B zusammen. Diese drei Buchstaben werden oft als Abkürzung für einen lateinischen Segensspruch gedeutet: "Christus mansionem benedicat – Christus möge dieses Haus segnen".

Eigentlich meinen die drei Buchstaben aber nichts anderes, als die traditionellen Namen der Sterndeuter: Caspar, Melchior und Balthasar. Man hat es hier mit einem uralten Namenssegen zu tun, der schon vor vielen Jahrhunderten praktiziert worden ist. Die Namen der drei Weisen aus dem Osten galten als besonders segensmächtig. Ebenso, wie das Dreikönigswasser "hochgeweiht" war, waren auch die Sterndeuter selbst im Volk hochverehrt. Um nun das Böse und die dämonischen Mächte außerhalb des eigenen Hauses zu halten, schrieben die Menschen die Anfangsbuchstaben der Sterndeuternamen über ihre Türen. Sie glaubten, das Böse würde aufgrund der wirkmächtigen Namen Caspar, Melchior und Balthasar zurückschrecken. Daher erklärt sich übrigens auch, dass der Segenswunsch mancherorts K+M+B lautet, eben "Kaspar" statt "Caspar".

Heute kann die Kreideschrift über der Eingangstür als Segenswunsch für jeden verstanden werden, der durch diese Tür das Haus betritt. Dieses Haus ist ein gesegnetes Haus, ein Haus, in dem der Weihnachtsfriede eingekehrt ist. Das ist ein Wunsch, aber auch immer ein Anspruch für die Bewohner: So oft der Blick auf den Segen fällt, soll man sich darin erinnern, die Liebe des menschgewordenen Gottes immer wieder im eigenen Leben zu verwirklichen. Hier soll jener Friede wachsen, den die Engel den Hirten auf den Feldern vor Betlehem verkündet haben.

Von Fabian Brand