Rechtsstaatliche Regeln gelten auch für Missbrauchstäter in der Kirche
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Die Aufregung zu Wochenbeginn war groß. "Missbrauchsstudie der katholischen Kirche bleibt ohne Folgen" – so und ähnlich titelten am Montag zahlreiche Medien. Dahinter verbarg sich eine Recherche der Deutschen Presse-Agentur (dpa), die – knapp eineinhalb Jahre nach Veröffentlichung der Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz – bei drei Generalstaatsanwaltschaften in Bayern nach strafrechtlichen Konsequenzen für die Täter gefragt hatte. Das Ergebnis: Fast alle Ermittlungen gegen verdächtige Kirchenleute im Freistaat wurden eingestellt.
Die Interpretation dieses Ergebnisses überließ die dpa ausgerechnet Christian Pfeiffer. Das Verhältnis des bekannten Kriminologen zur Kirche ist – vorsichtig ausgedrückt – wegen der gescheiterten Zusammenarbeit bei eben jener Missbrauchsstudie seit Jahren angespannt. Deshalb war es nicht überraschend, dass Pfeiffer die Aufarbeitungsbemühungen der Kirche mit den Worten "Das war alles nur Show – mehr nicht" diffamierte.
Christian Pfeiffer mag sein Mütchen an der Kirche kühlen – mit der rechtsstaatlichen Realität hat seine Kritik aber nichts zu tun. Denn die juristische Aufklärung ist in einem Rechtsstaat – Gott sei Dank – nun einmal an gesetzliche Verjährungsfristen und strenge rechtliche Kriterien gebunden. Dass fast alle Ermittlungen gegen noch lebende Verdächtigte eingestellt wurden, ist angesichts der Tatsache, dass die meisten Missbrauchsfälle Jahrzehnte zurückliegen, nicht zu beanstanden. So schwer es im Einzelfall zu akzeptieren sein mag: Die Regeln des Rechtsstaats gelten auch für Missbrauchstäter. Alles andere wäre Willkür.
Trotzdem – oder gerade deswegen – erwächst der Kirche aus dieser Tatsache eine große Verantwortung. Gerade weil das strafrechtliche Instrumentarium aufgrund der Verjährung – an der die Kirche durch das jahrzehntelange Vertuschen der Missbrauchsfälle in ihren Reihen eine erhebliche Mitschuld trägt – nicht greift, muss sie umso mehr selbst glaubwürdig und transparent für eine Aufklärung der abscheulichen Taten und eine angemessene Entschädigung der Opfer sorgen. Viel ist in dieser Hinsicht schon passiert – aber längst noch nicht genug!