Rörig: Bischöfe müssen Entschädigungsfrage bis Sommer klären
Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, erwartet bis zum Sommer eine Einigung der katholischen Bischöfe in der Entschädigungsfrage für Missbrauchsopfer. Die Höhe der Summe müsse dabei für die Betroffenen akzeptabel sein, sagte Rörig in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Es dürfe für die Opfer "keine weitere Hängepartie geben". Rörig äußerte sich anlässlich des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche, der vor zehn Jahren bekannt wurde.
Bereits für das Frühjahr erwartet Rörig eine Festlegung der Bischöfe über die Standards der Aufklärung. Er habe bereits mit dem Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, eine "Gemeinsame Erklärung" erarbeitet. Die darin enthaltenen Standards und Kriterien sollten durch die Selbstverpflichtung jedes Bischofs verbindlich werden. Dabei solle alles, was einzelne Diözesen bereits an Aufarbeitung geleistet hätten, Berücksichtigung finden.
Wichtig sei ihm dabei, dass die künftigen Aufarbeitungskommissionen und die Betroffenen unmittelbare Akteneinsichtsrechte erhielten, so Rörig. Dabei müsse klar sein, dass das kirchliche und staatliche Datenschutzrecht sowie die Persönlichkeitsrechte beachtet würden. Zu Rücktrittsforderungen an Bischöfe sagte der Missbrauchsbeauftragte, die Kirche müsse sich die Frage stellen, ob jemand im Amt bleiben könne, der maßgeblich zur Vertuschung beigetragen und Aufklärung verhindert habe.
"Bittere Bilanz"
Weiter forderte Rörig mehr Anstrengungen im Kampf gegen sexuelle Gewalt. Offensichtlich reichten die bisherigen Maßnahmen nicht aus, sagte er. "Das ist die bittere Bilanz, die ich ziehen muss." Die Gesellschaft müsse anerkennen, dass es sich um ein "Megathema" handele, so Rörig. Er sei immer wieder erschrocken darüber, mit welcher großen Gelassenheit und Trägheit sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche von Teilen der Gesellschaft hingenommen werde.
Auch politisch müsse noch mehr geschehen, forderte der Missbrauchsbeauftragte. "Wir dürfen die Spur zu den Tätern künftig nicht mehr verlieren." Dazu könnte eine Neuregelung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes beitragen. Damit sollen Internet-Anbieter verpflichtet werden, kinderpornografisches Material in ihren Anwendungen nicht nur zu löschen, sondern auch dem Bundeskriminalamt zu melden. Zudem bemühe sich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), eine EU-rechtskonforme Vorratsdatenspeicherung auf den Weg zu bringen. (tmg/KNA)