Vorfall hatte während Amazonas-Synode für Aufsehen gesorgt

Tück: "Pachamama"-Versenker hinter Zweites Vatikanum zurückgefallen

Veröffentlicht am 02.02.2020 um 13:13 Uhr – Lesedauer: 

Würzburg ‐ Ein Aktivist warf während der Amazonas-Synode indigene Holzfiguren in den Tiber. Damit habe er eine Tradition fortgeschrieben, "die die Missionsgeschichte der Kirche bis heute belastet", betont der Dogmatiker Jan-Heiner Tück.

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Die Affäre um die indigenen sogenannten Pachamama-Figuren während der Amazonien-Synode im Oktober in Rom zeugt nach Worten des Wiener Theologen Jan-Heiner Tück von einem verengten Blick auf das Katholische. Der selbst ernannte Verteidiger des Katholischen und seine applaudierenden Sympathisanten seien hinter die Tradition des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) zurückgefallen, sagte Tück der Presseagentur Kathpress (Sonntag). Durch Intoleranz und Verachtung des anderen beschädigten sie die Wahrheit, die sie eigentlich bezeugen wollten.

Ende Oktober hatte ein Wiener Konvertit, Aktivist und Lebensschützer indigene Holzfiguren aus einer Kirche entfernt und in den Tiber geworfen. Tück wörtlich: "Die Weite des Katholischen wird verengt, ja sie nimmt Schaden, wenn sie nach Art der Makkabäer verteidigt wird und Aussagen der Schrift biblizistisch als Handlungsanweisungen missverstanden werden."

Bild: ©Institut für Dogmatik 2017, Wien

Jan-Heiner Tück ist lehrt seit 2009 als Theologe an der Universität Wien.

Bereits das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) habe "einen Exklusivismus überwunden, der in der katholischen Kirche die allein wahre Religion sieht und alle anderen religiösen Überzeugungen als falsch verwirft", erläuterte Tück. Gegenüber anderen Kulturen und Traditionen beharre das Konzil auf einer wertschätzende Haltung und anerkennt, dass "Momente des Wahren, Guten und Heiligen auch in nichtchristlichen Religionen und Kulturen zu finden" seien. Dies dürfe jedoch nicht als "Freibrief" missverstanden werden, alle Religionen und Weltanschauungen für gleich wahr und gleich gut zu halten, betonte Tück: "Es gibt Unterschiede. Eine Theologie der Inkulturation, die vor lauter Wertschätzung des Anderen das Eigene bis zur Selbstverleugnung hintanstellt, ist daher problematisch und kann sich nicht auf das Konzil berufen."

Der Katholizismus habe seit jeher ein gelassenes Verhältnis zu Bildern und Statuen unterhalten. Wichtig sei allerdings das Ergebnis des sogenannten Bilderstreits aus dem 8. Jahrhundert, seit dem man zwischen "Anbetung" und Verehrung" unterscheide. Demnach könne nur Gott allein angebetet werden; Bilder von Christus, Maria oder Heiligen dürften nur verehrt werden.

Historisch blinder Eifer

Der Eifer, der sich in der Versenkung der Figuren im Tiber entladen habe, sei historisch blind, so Tück. Der Aktivist erkenne nicht, "dass er genau die Tradition fortschreibt, die die Missionsgeschichte der Kirche bis heute belastet", nämlich Verachtung heidnischer Kulturen im Namen der christlichen Wahrheit.

Der Aktivist Alexander Tschuguell hatte sich zwei Wochen nach der Aktion in einem Video geoutet und seine Aktion erläutert. Die "Götzenstatuen" im Sakralraum wertete er als einen sichtbaren Verstoß gegen das Erste Gebot: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.

Papst Franziskus wandte sich entschieden gegen die Aktion. Unterstützung fand Tschugguell hingegen von den Kardinälen Gerhard Ludwig Müller, Walter Brandmüller und Raymond Leo Burke. (mal/KNA)

3. Februar 2020, 09.15 Uhr: dritter Absatz aktualisiert