Medien: Staatsanwälte fordern Ablehnung von Kardinal Pells Berufung
Im Fall des wegen sexuellen Missbrauchs verurteilten australischen Kardinals George Pell fordert die Staatsanwaltschaft laut Medienberichten die Ablehnung seines Berufungsantrags. Der frühere Finanzchef des Vatikan und seine Anwälte hätten in ihrem Antrag die Aussagen und Beweise heruntergespielt, die zur Verurteilung des Geistlichen zu sechs Jahren Haft geführt hatten, heißt es laut der australischen Ausgabe der Tageszeitung "The Guardian" (Montag) im Antrag der Staatsanwaltschaft von Melbourne. Der High Court als oberstes Gericht Australiens und letzte juristische Instanz entscheidet demnach am 11. März über Pells Berufungsantrag.
"In der Gerichtsverhandlung gab es zahlreiche Beweise", zitierte der "Guardian" aus der Eingabe der Staatsanwaltschaft: "Der Antragsteller bezieht sich nur auf einen kleinen Teil dieser Beweise." Und weiter: Infolgedessen lieferten die Eingaben des Antragstellers "ein unvollständiges und ungenaues Bild des Sachverhalts". Sollte Pells Berufungsantrag durch den High Court angenommen werden, wird das Verfahren demnach voraussichtlich noch am gleichen Tag beginnen, wie es hieß.
Der Fall Pell - Kardinal unter Missbrauchsverdacht
Der australische Kardinal George Pell ist als Präfekt des vatikanischen Wirtschaftsrats einer der wichtigsten Mitarbeiter des Papstes. Doch nun überschatten Vorwürfe aus seiner Heimat sein Wirken: Er soll Missbräuche vertuscht haben und sogar selbst übergriffig geworden sein.Pells Anwälte hatten in ihrem Berufungsantrag "Fehler" ins Feld geführt, die zur Verurteilung ihres Mandanten zu sechs Jahren Haft sowie der Ablehnung der Berufung durch Gerichte in Melbourne geführt hätten. Insbesondere ziehen sie die Glaubwürdigkeit des Betroffenen in Zweifel, dessen Aussage entscheidend zur Verurteilung des ehemaligen Erzbischofs von Melbourne beigetragen hatte. Die Staatsanwaltschaft betonte laut "Guardian" in ihrer Eingabe jedoch, die Jury habe ihr Urteil "nicht darauf gegründet, dem Opfer 'geglaubt' zu haben". Vielmehr habe sie "alle Beweise bewertet" und eine "Einschätzung der Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit" des Opfers vorgenommen.
Pell war im Dezember 2018 von einer Jury für schuldig befunden worden, vor über 20 Jahren als Erzbischof von Melbourne zwei Chorknaben in insgesamt fünf Fällen sexuell belästigt und missbraucht zu haben. Im Februar 2019 wurde der ehemalige Finanzchef des Vatikan zu sechs Jahren Haft verurteilt. Er ist der ranghöchste katholische Geistliche, der bisher wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde.
Im November hatte der Oberste Gerichtshof Australiens die Entscheidung über den Berufungsantrag Pells gegen seine Verurteilung als Sexualstraftäter an die "volle Richterbank" verwiesen. Es liegt jetzt in der Hand aller sieben Richter des höchsten Gerichtes, darüber zu befinden, ob dem Kardinal diese letzte Chance gewährt wird, gegen das Missbrauchsurteil vorzugehen. (KNA)