Haslinger: Aussagen des Papstes zu Frauen sind Widerspruch in sich
Papst Franziskus will nach Einschätzung des Paderborner Pastoraltheologen Herbert Haslinger "nicht etwas ganz Neues" in der katholischen Kirche. In seinem Mitte Februar veröffentlichten Schreiben zur Amazonas-Synode thematisiere er die Zulassung verheirateter Männer zum Priesteramt überraschenderweise gar nicht, sagte Haslinger im Interview der Kirchenzeitung des Erzbistums Paderborn "Der Dom". Die Diktion der Aussage lege nahe, dass der Papst die bestehende Regelung beibehalten möchte. Zudem erteile er der Priesterweihe für Frauen "eine sehr deutliche Absage".
Franziskus verbleibe "leider bei einem alten Muster kirchlicher Reformdiskussionen", sagte der Theologe. So insistiere er darauf, dass sich am Ausschluss der Frauen vom Priesteramt nichts ändere; "dieser Pflock ist eingerammt". Zugleich appelliere er an die Frauen, ihre "spezifisch weiblichen Dienste" in die Kirche einzubringen.
Argument gegen Klerikalismus wird genutzt, um klerikale Strukturen zu festigen
Als "Widerspruch in sich" bezeichnete Haslinger die Aussage des Papstes, Frauen vor Klerikalismus schützen zu wollen. "Der Papst signalisiert, dass er den Klerikalismus gemeinsam mit den Frauen als Fehlhaltung empfindet." Er benutze das Argument aber gerade dazu, eine klerikalistische Struktur zu festigen – nämlich durch den Ausschluss der Frauen.
Haslinger warf die Frage auf, inwiefern es noch sinnvoll sei, dass sich die Gläubigen in Deutschland in der Reformdebatte Synodaler Weg "an den Zulassungsbedingungen zum Priesteramt abarbeiten". Sollte am Ende die Forderung nach der Priesterweihe für Frauen stehen, "könnte der Bescheid nur lauten: Ist nicht!" Das wäre eine ziemliche Frustration, gab er zu bedenken.
Weiheamtsträger sollten Sexualität ausleben und Frauen Weiheämter übernehmen können
Das Papstschreiben sei widersprüchlich und mache ihn "ziemlich ratlos", sagte Haslinger. Der größte Teil, in dem es um Bewahrung der indigenen Kultur, Ökologie oder soziale Gerechtigkeit gehe, sei beeindruckend. Der kürzere Teil zu den kirchlichen Ämtern werde als große Enttäuschung empfunden. "Dass Weiheamtsträger ihre Sexualität leben, sollte möglich sein, weil Sexualität etwas Wertvolles ist", so der Theologe. "Dass Frauen das Weiheamt übernehmen, sollte möglich sein, weil ihnen von Gott her eine unbedingte, unverfügbare Würde zukommt, die keinerlei Relativierungen oder Rangunterschiede zulässt."
Im dem Schreiben "Querida Amazonia" hatte der Papst die Anregung der Amazonas-Synode vom Oktober nicht aufgegriffen, wegen personeller Not in Ausnahmefällen auch ältere verheiratete Männer zu weihen oder ein Diakonat für Frauen zu schaffen. Die Mehrheit der Synodenväter hatte damals dafür gestimmt, dass in Gegenden mit großem Priestermangel verheiratete Männer die Weihe erhalten sollten. Nach der Veröffentlichung des Schreibens gab es viele Diskussionen darüber, ob der Papst die Debatte über Reformen in der Kirche beendet hat oder nicht. Die enttäuschten Reaktionen vieler Gläubiger sollen Franziskus selbst bedrückt haben. (cbr/KNA)