"Corona-Katechesen" zur Vorbereitung auf die Erstkommunion
In vielen Kirchengemeinden findet traditionell am Sonntag nach Ostern, dem Weißen Sonntag, die Feier der Erstkommunion statt. Aufgrund der Corona-Krise wurden diese Gottesdienste verschoben, oft auf unbestimmte Zeit. Der Fuldaer Religionspädagoge Markus Tomberg hat für diese Zwischenzeit spezielle "Corona-Katechesen" für Erstkommunionkinder entwickelt, die auf die aktuelle Situation eingehen.
Frage: Herr Tomberg, wie kam Ihnen die Idee zu den Corona-Katechesen für Erstkommunionkinder?
Tomberg: Als vor Kurzem in vielen Gemeinden die Verschiebung der Erstkommunionfeiern wegen der Corona-Krise verkündet wurde, geschah das hier und da ohne einen Hinweis auf Angebote für die Zeit der Kontaktsperre. Ich fand das fahrlässig! Auf diesen Tag haben Kinder und Familien seit Monaten hingearbeitet, es ist eigentlich alles vorbereitet und nun wird er einfach abgesagt. Da bricht eine ganze Dynamik zusammen. Gerade die Kinder brauchen ein tröstendes und zudem deutendes Wort, das ihnen aus der Perspektive des Glaubens die schwierige Lage erklärt. Meine Frau und ich haben fünf Kinder und natürlich auch fünfmal Erstkommunion gefeiert. Wir wissen, wie wichtig dieses Fest für die Kinder und ihre Familien ist – und dass sie eine Begleitung durch die aktuell schwierige Zeit brauchen. Ich habe intensiv zur Erstkommunionkatechese gearbeitet und konnte daher schnell etwas Passendes für die derzeitige Situation entwickeln.
Frage: Was wollen Sie mit ihren Corona-Katechesen erreichen?
Tomberg: Viele Kinder freuen sich zwar darüber, dass die Schule ausfällt, aber die Verschiebung der Erstkommunion erschüttert sie. Und dann ist da vielleicht auch Angst. Da braucht es Deutungshilfen. Außerdem fallen mit der Feier des Gründonnerstags und vielleicht auch der Erstbeichte zwei sehr intensive Treffen weg, deren Verlust nur schwer aufgefangen werden kann. Schließlich steht in vielen Gemeinden die Frage im Raum, wie man mit den Erstkommunionkindern und ihren Familien in Kontakt bleiben kann. Ich denke dabei besonders an die Eltern, die sonst nicht so viel Kontakt mit der Gemeinde haben. Gerade sie benötigen Unterstützung, um den Schwung der Erstkommunionvorbereitung über diese Zwischenzeit hinweg nicht zu verlieren. Sie sollen merken, dass die Kirche ihre Probleme wahrnimmt. Diese Überlegungen bilden die Grundidee der Corona-Katechesen.
Frage: Was ist Ihnen dabei besonders wichtig?
Tomberg: Das Deutungsangebot für die derzeitige Situation, das ich bereits erwähnt habe. Erst langsam wird im kirchlichen Bereich wahrgenommen, dass wir eine Deutung der Corona-Krise anbieten müssen. Die anfängliche Konzentration auf Gebet und Gottesdienst-Streaming war verständlich, aber reicht nicht. Es braucht Angebote, die den Kommunionkindern helfen, wahrzunehmen, in was für einer Situation wir aktuell leben, und zu verstehen, was das für ihr Leben bedeutet. Das ist ein tiefer biografischer Einschnitt für uns alle, von dem wir auch in 20 Jahren noch reden werden – in der Hoffnung, dass sich das nicht wiederholt. Ich erlebe viele in der Kirche momentan diesbezüglich noch als eher sprachlos. Und es reicht nicht, einfache Antworten zu geben, also etwa: "Der liebe Gott wird das alles schon wieder richten". Das wäre fatal. Dafür ist die Situation zu komplex.
Frage: Auf Ihrer Homepage beschreiben Sie die Corona-Katechesen als "work in progress". Wie gehen Sie inhaltlich vor?
Tomberg: Am Anfang habe ich mit einer Briefvorlage begonnen, in der es darum geht, die aktuelle Situation erstmal zu erklären. Danach ging es spielerisch weiter: mit einer Vaterunser-Hitparade und einer Einheit zum Spielen in der Familie: Spielen kann auch so etwas wie Beten sein. Als nächstes wird etwas zu den Kartagen folgen. Derzeit überlege ich, welche Bastelmaterialien man gut dazu nutzen kann – auch im Blick auf das, was wir selbst zu Hause haben, denn die Bastelläden sind derzeit ja alle geschlossen. Ich finde es wichtig, bei den Inhalten auch ein wenig auf die aktuell vorherrschende Stimmung im Land zu achten. Für Karfreitag plane ich eine kindgerechte Kreuzwegandacht per Messenger. Eine wichtige Frage ist, wie der Austausch mit den Seelsorgern in der Pfarrei gelingen kann – also, ob etwa zu Hause Bilder gemalt werden, diese eingescannt und an die Gemeindereferentin oder den Pfarrer geschickt werden. Auf diesem Weg können die Verantwortlichen in Kontakt mit den Familien treten. Die Kinder merken so aber auch, dass andere in einer ähnlichen Situation sind und trotzdem alle an einem gemeinsamen Projekt arbeiten. Wenn die Kontaktsperren über die Osterferien hinausgehen, werde ich weitere Angebote erarbeiten. Alles muss jedoch niederschwellig und mit einfachen Mitteln zu realisieren sein.
Frage: Richten Sie sich mit Ihrem Angebot an die Erstkommunionkinder oder eher an die ganze Familie?
Tomberg: Ich hoffe, dass die katechetischen Angebote, die per Mail oder Messenger in die Familien gelangen, eine Sogwirkung auf die ganze Familie entwickeln, ohne in den Texten ausdrücklich dazu auffordern zu müssen. Mein familienkatechetischer Ansatz ist es, einen Impuls zu geben, der den Kindern in der Corona-Krise hilft. Und es soll niemanden überfordern. Für viele Familien ist es schon schwierig, miteinander zu beten. Einen ganzen Gottesdienst daheim kriegt man dann kaum hin. Die Vaterunser-Einheit zeigt das sehr schön. Darin ging es darum, völlig verschiedene Vaterunser-Lieder im Internet zu hören: von der klassischen Version der Gruppe "Die Priester" über Detlev Jöcker bis hin zu einer Variante von Eminem, also einer für gottesdienstgewohnte katholische Ohren eher gewöhnungsbedürftigen Interpretation. Allein durch das Anhören der Lieder merken die Kinder, dass das Vaterunser total unterschiedlich sein kann. Durch diesen Aha-Effekt ergibt sich fast automatisch ein Gespräch in der Familie. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.
Frage: Haben Sie zu den Katechesen schon Rückmeldungen bekommen?
Tomberg: Ich habe tatsächlich noch nie in so kurzer Zeit so viele Rückmeldungen auf eine Veröffentlichung bekommen. Und ich komme mit vielen Leuten darüber ins Gespräch: Mehrere Gemeindereferentinnen haben sich bei mir gemeldet, die meine Vorschläge ausprobiert haben und jetzt auch eigene Ideen beisteuern. Ich finde es sehr schön, dass so mehr Gemeinschaft, mehr "Kommunion" entsteht.