Himmelklar – Der neue katholische Podcast

Bischof Oster: Habe das Coronavirus am Anfang auch unterschätzt

Veröffentlicht am 08.04.2020 um 18:00 Uhr – Lesedauer: 

Passau ‐ Der Passauer Bischof Stefan Oster hat vor dem Coronavirus großen Respekt – auch wegen einer eigenen Vorerkrankung. Was er als Bischof tut, wenn er in der Corona-Krise nicht zu den Menschen gehen kann, verrät Oster nun im neuen Podcast "Himmelklar".

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Schon vor der Corona-Krise hat der Passauer Bischof Stefan Oster, der auch Jugendbischof der Deutschen Bischofskonferenz ist, auf soziale Medien gesetzt. Aktuell ist das nötiger denn je. Was er aber nicht tun will: Toilettenpapier hamstern. Dafür ist jetzt hin und wieder mehr Zeit für einen Filmabend in der Bischofs-WG, wie er am Mittwoch im neuen katholischen Podcast "Himmelklar" verrät.

Frage: Ich freue mich, dass wir in unserem Podcast an dieser Stelle mit Bischof Stefan Oster aus Passau sprechen können. Gleichzeitig ist er Jugendbischof in der Katholischen Kirche. Wie geht es Ihnen? Fühlen Sie sich gesund?

Oster: Ich fühle mich gesund, habe aber durchaus Respekt vor dem Virus, weil ich seit vielen Jahren chronisches Asthma habe. Ich befürchte, dass ich damit zur Zielgruppe gehöre, die dann intensiver behandelt werden müssten. Deswegen halte ich mich an die Maßnahmen, die da vorgeschlagen werden.

Frage: Sind Sie jetzt besonders vorsichtig im Kontakt mit anderen oder machen Sie das, was der Staat vorschreibt?

Oster: Nein, nicht besonders vorsichtig. Ich gehe auch ins Büro wenn es nötig ist und wir Meetings haben. Dann sitzen wir weit auseinander. Man bekommt ja zurzeit sehr intensiv mit, was man alles tun soll und ich habe Respekt vor dem Virus, verhalte mich deshalb aber nicht übertrieben vorsichtig. Am Anfang habe ich die Bedeutung des Virus unterschätzt.

Frage: Ich glaube, das ging uns am Anfang allen so. Jetzt sind wir in der Phase, wo wir uns schon etwas daran gewöhnt haben. Wie sieht Ihr Alltag jetzt aus? Inwiefern ist er anders als sonst?

Oster: Er ist insofern anders, dass ich fast keine Außentermine habe. Neulich war ich bei unserer Bahnhofsmission, weil das eine der letzten Anlaufstellen ist, wo Menschen, die obdachlos oder arm sind, noch Verpflegung bekommen. Ansonsten bin ich in meinem Büro oder bei mir zu Hause. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass ich weniger zu tun hätte. Interview- und Podcastanfragen und die Produktion von Texten stehen an. Ich produziere auch das eine oder andere selber für die Sozialen Medien und ich bereite eher intensiv die Predigten für unsere Onlinegottesdienste vor. Also mir wird es nicht langweilig. Außerdem habe ich das Glück und das Privileg, dass ich in einer Gemeinschaft lebe. Wir sind zurzeit zu dritt in einer Wohngemeinschaft und ich kann trotzdem jeden Tag die Messe feiern und intensiv mit meinen Mitbewohnerinnen beten. Insofern ist der Alltag ein bisschen strukturierter, aber von der Arbeitsfülle her ist es nicht weniger als sonst.

Frage: Das heißt, dass Sie im Moment nicht mehr Zeit haben zum Netflix schauen oder ähnlichem?

Oster: Nein, das nicht. Wir haben neulich mal einen Filmabend in der WG gemacht. Das passiert eher selten. Wir haben uns „Wer früher stirbt, ist länger tot“ angeschaut. Ich weiß nicht, ob Sie das kennen, ein sehr lustiger Film. Eine bayerische Filmkomödie, die einen gläubigen Hintergrund hat. Was ich tatsächlich mache ist, mein Immunsystem zu stärken. Ich baue jetzt jeden Tag einen ziemlich intensiven, halbstündigen Spaziergang, wo ich auch ins Schwitzen komme, in meinen Alltag ein, damit ich fit bleibe, Ich habe gehört, dass Menschen, die etwa 50 Jahre alt sind, Asthma haben und schlapp sind, besonders gefährdet sind.

Frage: Sie haben gesagt, dass Social Media eine große Rolle spielt und dass Sie die Menschen auf diesem Wege erreichen möchten. Das ist ja für Sie nichts neues. Sie haben ja schon vorher Instagram-Kanäle gehabt und Predigten ins Internet gestellt. Da waren Sie ganz gut vorbereitet auf diese neue Art der Kommunikation, oder?

Oster: Ja, das wird jetzt ein bisschen intensiver als vorher. Ich habe seit kurzem einen Youtube-Kanal, wo ich geistliche Dinge frei hineinspreche. Das probiere ich zurzeit mal aus, wie das ankommt. Ich ahne aber, dass man für Youtube-Produktionen sehr viel professioneller sein muss, als ich gerade mit meinem zu Hause produzierten Kanal. Trotzdem stelle ich mir die Frage, wie sehr diese Medien nötig sind oder ob sie eher ablenken und die Themen zu sehr an der Oberfläche bleiben. Diese Aktivitäten nehmen schon viel Zeit in Anspruch und die Frage ist, ob das im rechten Verhältnis zueinander steht und wie gut und zielgerichtet man die Menschen damit erreicht.

Podcast Himmelklar

Der Podcast Himmelklar bietet tägliche Nachrichten rund um Kirche und Corona, über gute Initiativen und Projekte. Spannende und mutmachende Menschen sind dabei die Gesprächspartner. Das überdiözesane Projekt wird koordiniert von der MD GmbH in Zusammenarbeit mit katholisch.de und domradio.de. und unterstützt vom Katholischen Medienhaus in Bonn und der APG mbH.

Frage: Haben sich denn die Rückmeldungen auf die Internet- und Social Media-Aktivitäten verändert seitdem die Leute quasi darauf angewiesen sind?

Oster: Wir bekommen etwas mehr Rückmeldungen auf meine persönlichen Kanäle. Auf unseren neuen Livestream allerdings bekommen wir erstaunlich viele Rückmeldungen. Seit dem vierten Fastensonntag machen wir unsere Gottesdienste über den Livestream. Nicht nur die Sonntagsgottesdienste streamen wir, sondern auch alle Gottesdienste der Karwoche und Ostertage.

Frage: Kar- und Ostertage, wir sind mitten drin. Wie fühlt sich das für Sie als Priester an, wenn Sie jetzt wissen, dass Sie diese wichtigste Zeit im Jahr nicht mit Ihrem Bistum und der Gemeinde feiern können?

Oster: Wir ringen ja in Deutschland sehr viel mit dem Glauben und mit der Frage, wie wir die Menschen tiefer an das Inhaltliche und Wesentliche des Glaubens heranführen können. Ich frage mich, ob so eine Heranführung nicht manchmal eine Krise durchlaufen muss. Biblisch denke ich da an das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Er geht weit weg von seinem Vater, in ein fernes Land heißt es. In äußerster Not sitzt er im Schweinestall, buchstäblich im Dreck und dort versteht er erst, worum es eigentlich geht und wie sehr ihn sein Vater liebt. Dann kehrt er zurück. Ich frage mich manchmal, ob wir Menschen in Glaubensdingen so gebaut sind, dass wir durchaus die eine oder andere herausfordernde Zeit durchlaufen müssen, damit wir verstehen worum es geht. Not lehrt beten, sagt man. Deshalb sehe ich für die Zukunft unseres Glaubens alles andere als schwarz. Wenn wir uns durch diese Krise auf die wirklich wichtigen Dinge besinnen, dann sehe ich darin sogar einen Impuls für die Erneuerung unseres Glaubenslebens.

Frage: Man sagt ja eigentlich auch, dass sich die Menschen in Krisenzeiten der Kirche zuwenden. Ich habe den Eindruck, dass es tatsächlich so ist. Sehen Sie das auch so?

Oster: Kirche ist sekundär, würde ich sagen. Das ist die Institution oder der Ort, wo sich die Personen damit auskennen. Es stellt sich eher die Frage nach Gott. Er ist primär.

Frage: Ich denke viel darüber nach, wie das ist mit der anstehenden Osternacht. Im Moment passt die Zeit ja spirituell zur Fastenzeit. Das ist die Zeit der Entbehrungen. Aber wir feiern ja am Wochenende den Moment der Erlösung, wo alles wieder gut ist. Aber wenn wir aus dem Gottesdienst, den wir im Fernsehen oder vor dem Radio zu Hause feiern, wieder herauskommen, ist ja nicht alles gut. Wie gehen wir denn damit um?

Oster: In der Geschichte der Menschheit war nie immer alles nur gut. Wie haben die Menschen in Kriegszeiten, in Hungersnöten oder während der Pest Ostern gefeiert? Ich würde mir wünschen, dass es gerade in dieser schwierigen Zeit ein Zeichen der Hoffnung ist. Wir Christen glauben, dass unser Gott in der österlichen Erfahrung viel stärker ist als jedes Leid und der Tod. In Christus ist die Not der Welt gewissermaßen besiegt, aber nicht vernichtet.

Frage: Ich habe noch zwei Abschlussfragen. Die erste traue ich mich fast nicht Ihnen zu stellen, versuche sie aber allen Interviewpartnern zu stellen: Wie sieht bei Ihnen die Toilettenpapiersituation aus?

Oster: Prima, wir horten nicht. In unserer Wohngemeinschaft bin ich nicht zuständig für den Nachschub. Ich bin für das Herausbringen des Mülls zuständig. Meine Mitbewohnerinnen, die zum Einkaufen gehen, bekommen noch Toilettenpapier. Wir fühlen uns dazu verpflichtet, nicht zu hamstern. Ich habe dann auch noch spaßeshalber gesagt, dass Menschen, die ein Zeitungsabonnement haben, schwer im Vorteil sind.

Frage: Kommen wir zu meiner richtigen Abschlussfrage, die eigentlich der Kern der ganzen Sache ist. Was bringt Ihnen in dieser Situation Hoffnung?

Oster: Mein Glaube. Ich fühle mich innerlich so verbunden mit dem Herrn und über ihn auch mit den Menschen der Kirche über die unmittelbare Begegnung hinaus. Dadurch habe ich keine Angst oder verzweifle. Ich spüre inneren Frieden und Freude. Natürlich spüre ich aber auch Sorge um die Menschen in Not, um die wir uns kümmern müssen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir gut durch diese Krise hindurchkommen werden.

Von Renardo Schlegelmilch