Bischof Wilmer sieht "Fixierung auf die Eucharistie"
17 Uhr: Bischof Wilmer sieht "Fixierung auf die Eucharistie"
Eine "Fixierung auf die Eucharistie" beobachtet der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer in der Corona-Krise. Es habe in der Geschichte des Christentums Zeiten gegeben, in denen Menschen nicht an Messen teilnehmen oder die Kommunion empfangen konnten, sagte er am Sonntag im Deutschlandfunk. "Deshalb ist aber nicht der Glaube zusammengebrochen." Angesichts von leeren Kirchen herrsche derzeit bisweilen eine Stimmung, "als bräche alles zusammen. Das ist falsch, das ist eine Engführung", kritisierte der Bischof.
Wilmer fügte hinzu, er sei kein Freund davon, wenn zu viele Gottesdienste parallel gestreamt würden. Dies zeige, "wie verarmt wir sind", sagte er: Es könne nicht sein, "dass wir nur auf die Eucharistie fixiert sind". Zudem gäben leere Kirchen möglicherweise einen Vorgeschmack auf die Zukunft.
Prinzipiell sei ihm ein "Glaube ohne Vernunft" suspekt, fügte der Bischof hinzu. So sei es kritisch zu sehen, wenn manche Gläubige das Coronavirus als göttliche Botschaft deuteten oder Weihwasser eine medizinische Wirkung zusprächen. Er finde es schwer zu ertragen, wenn die Realität zu leicht genommen werde "und wir dann ankommen mit Weihwasser und Praktiken, die jeder Vernunft entbehren".
Die aktuellen Ereignisse zeigten, dass das Leben unberechenbar sei, betonte Wilmer. "Die Wahrheit ist, dass wir das Eckige, Kantige in unserem Glauben rundgeschliffen haben. Die Wahrheit ist, dass wir Gott in eine Schachtel gepresst haben, eine runde Schleife drumgebunden haben und denken: Wir haben's, so ist er", kritisierte der Bischof. Dabei bleibe Gott ein Geheimnis. "Er ist nicht jemand, den wir mit Opfern besänftigen können, den wir irgendwie magisch dominieren könnten, den wir in eine bestimmte Ecke drängen könnten." (KNA)
14.15: Historikerin: Trotz Corona bleiben Rituale wichtig
Rituale bleiben nach Worten der Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger auch in der Corona-Krise wichtig. Ihre Wirkmacht beruhe darauf, "dass sie Gemeinschaftsveranstaltungen sind", sagte die Wissenschaftlerin am Sonntag im Deutschlandfunk. Die Handlungsfolgen von Ritualen seien immer ähnlich und würden in ähnlicher Folge wiederkehren. Dies gebe der Gesellschaft eine Struktur.
Dass Familien aktuell etwa bei Beerdigungen nicht zusammenkommen könnten, sei eine sehr starke Beeinträchtigung, sagte Stollberg-Rilinger, die Rektorin des Wissenschaftskollegs zu Berlin ist. Es fehle die Möglichkeit, einander Trost zu spenden. Soziale Gesten wie der Handschlag, die Umarmung oder das Küsschen seien dagegen relativ einfach durch andere Grußformen zu ersetzen.
Trotz der Corona-Krise ermutigte die Historikerin dazu, Rituale weitestgehend aufrecht zu erhalten. Dies helfe, Struktur zu schaffen: "Die Woche bedarf eines gewissen Rhythmus, und auch das Jahr bedarf eines gewissen Rhythmus". (KNA)
13.55 Uhr: Theologe: Kirchen müssen über Zeit der Krise hinausdenken
Die Kirchen sollten nach Worten des Theologen Daniel Bogner eine "kluge und vorausschauende Stimme" für die Zeit nach der Corona-Krise sein. Dies werde "über den Tellerrand des Notstands hinaus" von ihnen erwartet, sagte Bogner im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Aktuell brauche es vor allem Beistand für unmittelbar Betroffene, etwa in der Klinikseelsorge. Künftig werde es auch darum gehen, "aus der Krise zu lernen und Dinge nachher besser zu machen als bisher", erklärte der Theologe.
So stelle sich die Frage, wie sich ein "wacherer Blick" gewinnen lasse für die Überforderungen, "denen wir uns aussetzen, für die Verletzungen, die wir unserer Mitwelt routinemäßig angetan haben, für die gnadenlose Überreizung unseres Alltagstaktes, jenseits allen menschlichen Maßes". Aktuell müssten die Menschen, "ob gläubig oder nicht", zusammenhalten, eigene Interessen zurückstellen und auf andere schauen: "Das ist eine urchristliche Botschaft."
Darin liege eine Chance für die Kirchen, sagte Bogner. Zugleich wirke die Krise "wie ein Katalysator für die Selbstklärungsprozesse vieler Menschen, die schon lange mit Gestalt und Form der Kirche hadern." Viele würden fernbleiben, wenn die Kirchen wieder geöffnet würden. Wer jedoch dabeibleibe, "darf selbstbewusster sein, weil man das religiöse Leben mit vielen kreativen Ideen zum Beispiel in der digitalen Welt durch eine Zeit weitergetragen hat, in der von Priestern angeleitete reguläre Gottesdienste entfallen mussten". (KNA)
12.30 Uhr: Söder: Vielleicht ergibt sich stärkere Verankerung des Glaubens
Ostern fällt nach den Worten von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) trotz der Corona-Krise auch in diesem Jahr nicht aus. "Wir müssen es einfach anders feiern als sonst", sagte Söder in seiner Oster-Ansprache. So hätten etwa die Kirchen, da es keine traditionellen, öffentlichen Gottesdienste geben könne, digitale Angebote geschaffen, damit niemand ohne die "Frohe Botschaft" der Auferstehung bleibe.
Vielleicht würden diesmal sogar mehr Menschen über das Internet oder das Fernsehen beiwohnen: "Und vielleicht ergibt sich daraus auch eine stärkere Verankerung des Glaubens." Die Ansprache wurde am Karsamstagabend im BR-Fernsehen ausgestrahlt.
Die ganze Welt kämpfe derzeit gegen das Virus an, erinnerte Söder. Doch es gebe Hoffnung. Die Experten sagten, in Bayern bekomme man Corona langsam unter Kontrolle. Die Zahl der Neuinfektionen flache ab. Erstmals habe es sogar einen Tag mit mehr Genesenen als Neuinfektionen gegeben. Doch ob das so bleibe, müsse beobachtet werden. Klar aber sei, die Maßnahmen wirkten. Trotzdem gebe es viele Todesfälle und jeder einzelne schmerze.
"Wir sind noch nicht über den Berg", warnte der Ministerpräsident. Es gelte weiter, vorsichtig und umsichtig zu sein. Corona sei ein Charaktertest für das Land. "Ich finde, wir haben ihn bisher gut bestanden." Der Zusammenhalt sei größer geworden, und viele Menschen wüchsen über sich hinaus. Jeden Tag sei großartiges Engagement und Nächstenliebe zu erleben. Dafür wolle er sich bei den Menschen herzlich bedanken.
Noch gelte es aber, weiter Geduld zu haben, sagte Söder. Er könne nicht versprechen, dass sich alles so schnell normalisieren werde, wie sich das manche wünschten. Auch nach den Osterferien werde es nicht einfach so weitergehen können, wie vorher. Wer zu früh lockere, riskiere einen Rückfall. Solange es keinen Impfstoff oder Medikamente gebe, müsse man vorsichtig sein. "Wir wägen ab, ob all die Einschränkungen noch angemessen und verhältnismäßig sind", versicherte der Ministerpräsident. Natürlich wolle man wieder mehr Freiheit und Normalität - so schnell wie möglich - aber auch so sicher wie nötig. (KNA)
10.17 Uhr: Kirchenpräsident Schad: Ostern kann Trost spenden
Für den evangelischen, Pfälzer Kirchenpräsidenten Christian Schad will das Osterfest Trost spenden und den Blick weiten auf "eine neue Welt, in der der Schmerz überwunden, die Tränen getrocknet und die Wunden geheilt werden". An Ostern schreibe "Gott seine Geschichte des Lebens weiter hinein in unsere Zeit", sagte Schad in seiner Osteransprache in Landau.
In den Fürbitten des online übertragenen Gottesdienstes betete der Kirchenpräsident auch für Kranke, Pflegekräfte und Ärzte. Für die politisch Verantwortlichen, die "in diesen schweren Tagen so viele Fragen beantworten und Entscheidungen treffen müssen", bat er um Mut und Besonnenheit. (KNA)
9 Uhr: Patriarchatsleiter: Pandemie macht Zerbrechlichkeit deutlich
Die Einschränkungen durch das Coronavirus geben nach Worten von Erzbischof Pierbattista Pizzaballa Anlass, über das Wesentliche neu nachzudenken. "In unseren Häusern eingesperrt und in unserer Bewegung eingeschränkt haben wir die Bedeutung dessen verstanden, was derzeit für uns verboten ist", sagte der Leiter des Lateinischen Patriarchats in Jerusalem laut Manuskript am Sonntagmorgen in seiner Osterpredigt. An der Feier in der geschlossenen Grabeskirche konnten aufgrund der Pandemie-Schutzmaßnahmen nur wenige Geistliche und Ordensleute teilnehmen.
Zu dem, was uns in diesen Tagen fehle, gehöre neben Bewegungsfreiheit, Schule, Arbeit und Zeit mit Freunden auch das gottesdienstliche Leben. "Die Tatsache, dass wir in diesem heiligen Triduum in diesem Kontext der Angst und Unsicherheit die Erlösung nicht feiern können, hat uns unsere Zerbrechlichkeit und unsere Grenzen noch bewusster gemacht", so der Italiener. Die Feierlichkeit, die aufgrund der Einschränkungen in diesem Jahr fehlte, habe aus der wichtigsten Woche des christlichen Jahres zugleich "die seltsamste von allen" gemacht.
Wieder einmal stellten sich "in unseren Herzen große Fragen nach Leben und Tod, nach dem, wer wir sind". Gleichzeitig hätten wir verstanden, dass das Wort Erlösung nicht nur mit der Fähigkeit der Wissenschaft verbunden sei, "die großen Probleme des Augenblicks zu lösen", sondern vor allem mit dem "Geheimnis, das die menschliche Natur bewohnt und die wir nicht vollständig besitzen können". Das Geheimnis der Erlösung, das für Christen einen Namen habe, sei in der Feier von Ostern zu erleben. Doch "gerade jetzt, wenn wir den starken Wunsch verspüren, das gemeinsame Bedürfnis nach Erlösung auszurufen, werden wir daran gehindert".
Pizzaballa warnte die Gläubigen vor zu großen Ängsten. "Wir haben die Pflicht, laut und deutlich zu schreien, dass Bedrängnis, Angst, Verfolgung, Hunger, Elend, Gefahr und das Schwert uns nicht von der Liebe Christi trennen werden." Wer suche, werde die Zeichen seiner Gegenwart finden. "Der Glaube löscht nicht die dramatische Natur der Existenz aus, sondern öffnet unsere Augen und unser Herz für eine Perspektive der Erlösung, des ewigen Lebens, der Freude." (KNA)
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