Familiennamen haben unterschiedliche Ursprünge

Namensforscher: Der "Ostermann" hat nichts mit Ostern zu tun

Veröffentlicht am 13.04.2020 um 12:50 Uhr – Lesedauer: 

Mainz ‐ Mehr als 800.000 verschiedene Familiennamen gibt es in Deutschland. Was sie bedeuten, untersuchen Mainzer Namensforscher. Manche der Namen weisen auf Ostern und den Hasen hin. Doch nur auf den ersten Blick.

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Ostermann, Haseneier oder Schreckhase: Unter den mehr als 800.000 deutschen Familiennamen gibt es manche, die an Ostern und den Osterhasen denken lassen. Doch nicht immer hält der Name, was er auf den ersten Blick verspricht: "Nicht selten stellt sich so mancher Name als echtes Überraschungsei heraus", sagt Rita Heuser, Germanistin und Leiterin eines Mammutprojekts an der Universität Mainz: der Erarbeitung eines digitales Lexikons, bei dem erstmals alle in Deutschland vorkommenden Familiennamen erfasst, erklärt und nach regionalem Vorkommen kartiert werden.

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass der Familienname Ostermann (rund 10.000 Namenträger in Deutschland) nichts mit dem Osterfest, sondern - wie Westermann - vielmehr mit der Himmelsrichtung zu tun hat: Der erste Träger dieses Namens wurde nach der Lage seiner Wohnstätte östlich von einem Orientierungspunkt benannt. Gleiches sieht Heuser auch für den Namen Oster, zu dessen bekanntesten Namensträgern der Passauer Bischof Stefan Oster gehört.

Dagegen führt der stärker im Süden verbreitete Familienname Ostertag direkt zum Osterfest - ebenso wie der vor allem in Nordrhein-Westfalen vorkommende Familienname Paschedag, der auf das mittelniederdeutsche Wort paschendach "Ostersonntag" verweist. Höchstwahrscheinlich sind die ersten Träger dieser Namen an einem Ostersonntag und damit an einem Glückstag geboren. Denkbar ist nach Angaben der Namensforscher aber auch, dass für Träger dieses Namens im Mittelalter an Ostern eine Zinszahlung oder eine Dienstleistung fällig wurde.

Familiennamen erst seit dem 13. Jahrhundert

Die Familiennamen entstanden erst um das 13. Jahrhundert. Mit dem Anwachsen der Städte reichten die Vornamen nicht mehr aus. Für Rechtsgeschäfte wie das Erstellen einer Urkunde musste genau zwischen Hans und Hans oder Robert und Robert unterschieden werden.

Ein Stoffhase in einem Osternest.
Bild: ©Cora Müller/Fotolia.com

Völlig unverdächtig: Der Osterhase.

Vor allem fünf Familiennamenklassen kennen die Namensforscher: Am prominentesten sind die Berufsnamen. Die Müllers sind seit langem der häufigste deutsche Familienname, gefolgt von den Schmidts und den Schneiders. Wer Antwerpes oder Adenauer heißt, hatte Vorfahren in Adenau oder Antwerpen. Wer Beck heißt, dessen Vorfahren lebten an Bächen, die Waldmanns oder Buschs wohnten nahe bei Wäldern. Auf charakterliche oder körperliche Merkmale verweisen Familiennamen wie Sonnenschein, Kühn, Klein oder Lange. Viele Namen wurden auch aus den Vornamen der Väter gebildet nach dem Muster: Bernd Jensen - Bernd, Sohn des Jens.

Kein Osterhase im Namen

Bei vielen Familiennamen erschließen sich die ursprünglichen Bedeutungen erst, wenn die Namensforscher Kirchenbücher und Rechtsurkunden miteinander vergleichen oder sprachliche Lautverschiebungen berücksichtigen. So haben sie herausgefunden, dass die Familiennamen Hasenei(er)/ Haseney, von denen es in Deutschland rund 185 Namensträger gibt, nichts mit dem Glauben an eierlegende Hasen zu tun haben. "Hinter dem Namen Hasenei steckt wahrscheinlich der Siedlungs- oder Flurnamen Hasenau", weiß Germanistin Heuser.

Allerdings haben die Eigenschaften der wachsamen, flinken und immer zur Flucht bereiten Tiere bei den mittelalterlichen Menschen so viel Eindruck gemacht, dass sie sich in vielen Familiennamen wiederfinden: Der Familienname Schellhase und zahlreiche Schreibvarianten wie Schellhas oder Schellhaß - insgesamt gibt es rund 2.830 Namensträger in Deutschland - geht zurück auf das mittelhochdeutsche Adjektiv schellec, das "'aufspringend, scheu, auffahrend, schreckhaft" bedeutet. Auch der Name Schreckhase verrät, dass der erste Namensträger wohl ein besonders schreckhafter, vorsichtiger und scheuer Mensch gewesen sein muss.

Von Christoph Arens (KNA)