Kardinal Kasper: Kirche steckt in der Krise – Reformen unumgänglich
An einer Debatte über mögliche Reformen in der katholischen Kirche führt nach Ansicht des emeritierten Kurienkardinals Walter Kasper kein Weg vorbei. "Die Kirche steckt in der gesamten westlichen Welt in einer Krise", sagte der frühere vatikanische "Ökumene-Minister" der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch). Dazu habe der Missbrauchsskandal die Glaubwürdigkeit der Kirche, "insbesondere ihrer Amtsträger", bei vielen Menschen tief erschüttert. "Die Kirche hat keine andere Wahl, als sich einem Reformdiskurs zu stellen", so Kasper.
Zugleich warnte der Kardinal davor, einen Neuanfang als einfache Neuerung zu verstehen, "die das Alte über Bord wirft und meint, die Kirche neu erfinden zu müssen". So könne es beispielsweise nicht darum gehen, die Missbrauchs- oder Corona-Krise zum Anlass zu nehmen, die kirchlichen Ämter abzuschaffen. Stattdessen gelte es, sich auf die Wurzeln und damit die Botschaft des Evangeliums zu besinnen. "Wer vom Evangelium auch nur etwas verstanden hat, wird wissen, dass es immer ein Stachel im Fleisch sein wird und sein muss."
Kasper (87) war von 2001 bis 2010 Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen. Zuvor war er von 1989 bis 1999 Bischof von Rottenburg-Stuttgart. Trotz seines Eintretens für Kirchenreformen warnte der Kardinal in der jüngeren Vergangenheit vor nationalen Alleingängen und betonte die Bedeutung der kirchlichen Tradition. Mit Blick auf den Synodalen Weg der Kirche in Deutschland zeigte er sich skeptisch und mahnte, die Teilnehmer sollten über Dinge reden, "die man in Deutschland ändern kann", anstatt "Maximalpositionen" auszutauschen. Gelinge dies nicht, ende der Dialog in Frustration. (tmg/KNA)