Bescheidenheit auf Rädern
"Es tut mir weh, wenn ich einen Priester oder eine Nonne in einem nagelneuen Auto sehe", gab er erst im Juni angehenden Klerikern mit auf den Weg . "So etwas geht nicht."
Es geht nämlich auch anders. Für seine erste Ausfahrt nach der Papstwahl am 13. März benutzte Franziskus einen Volkswagen Phaeton. Innerhalb seines Kleinstaates lässt sich Franziskus in einem gebrauchten Ford Focus chauffieren. Das ist das Standardmodell der Dienstwagenflotte für gewöhnliche Angestellte im Vatikan. Als Franziskus Anfang Juli Bootsflüchtlinge auf Lampedusa besuchte, lieh er sich den Fiat Campagnola von einem Freund des örtlichen Pfarrers.
Erstes Papstauto bereits 1909
Tatsache ist: Seit der Erfindung des Automobils waren Päpste nie auf eine bestimmte Marke festgelegt. Pius X. (1903-1914) bekam 1909 einen Itala 20/30 geschenkt, benutzte ihn aber als Verächter eines jeglichen Modernismus nicht. Als erstes Katholikenoberhaupt bestieg Pius XI. (1922-1939) im Jahr 1926 einen Bianchi Tipo 15, Geschenk einer katholischen Frauenvereinigung aus Mailand. Mercedes sandte ihm einen Nürburg 460; der dynamische Bergsteiger-Papst bevorzugte aber einen schnittigeren US-amerikanischen Graham-Paige 837.
Paul VI. (1963-1978), der als erster Papst seinen Fuß nach Indien setzte, öffnete sich dem Fernen Osten auch automobil: In seinen beiden letzten Amtsjahren ab 1976 bediente er sich eines Toyota Land Cruiser. Nur für große Liturgien griff er auf die bewährte Sänfte zurück. Dass Johannes Paul II. (1978-2005) bei seinem ersten Polen-Besuch 1979 einen heimischen Laster Typ FSC Star 266 fuhr, war Ehrensache. Je nach Ort und Anlass bestiegen er und sein Nachfolger ebenso einen Seat wie einen Lancia, einen Cadillac oder Golf Caddy.
Papamobil mit Panorama-Kuppel
Doch als Papamobil schlechthin gilt der Mercedes-Geländewagen mit der charakteristischen Panorama-Kuppel. Einen ersten solchen Wagen konstruierte das Stuttgarter Unternehmen für den Deutschland-Besuch von Johannes Paul II. 1980. Nicht zuletzt das Schusswaffenattentat des Ali Agca auf dem Petersplatz 1981 machte die Stärken dieses Konzepts deutlich. Seitdem rüstete der Hersteller die Sicherheitsaustattung von einem Modell zum nächsten auf. Die aktuelle Ausführung schützt den Papst mit zentnerschweren Scheiben aus Spezialglas - wenn er es denn will.
Noch Anfang Juli hatte Daimler-Chef Dieter Zetsche das neueste Papamobil persönlich dem Papst übergeben und per Pressemitteilung seine Freude bekundet, dass die Stuttgarter "ihn mit dem Papamobil auch in Zukunft auf seinen Reisen begleiten werden". Aber Franziskus will keine klimatisierte Panzerglaskabine. Franziskus sucht den Stallgeruch seiner Herde. Er fährt lieber offene Geländewagen - immerhin auch einen Mercedes, G-Klasse - und Fiat.
Mercedes plant keinen Franziskus-Smart
Mercedes kommentiert das gelassen. "Der Papst entscheidet, welches Auto er nutzt; da reden wir ihm nicht rein", sagt eine Unternehmenssprecherin. Es sei Sache des Papstes, "wie er sich präsentiert". Dabei buhlen sie alle ein bisschen um die Gunst, den Stellvertreter Christi auf Erden zu geleiten: VW (Phaeton), Citroen (Elektroauto), Ducati (Motorräder für die Gendarmerie). Zuletzt bekam Franziskus zwei Harleys. Weiß Gott wofür.
Durch den Umstieg auf den italienischen Kleinwagen will sich Mercedes nicht aus der Spur bringen lassen. Für ein Konkurrenzangebot gebe es spontan keine Überlegungen. "Es ist kein Papst-Smart geplant", so die Sprecherin. "Der Papst kennt seinen Fuhrpark und hat eine gute Auswahl." Das Kirchenrecht gibt ihm die höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt. Das gilt auch bei der Wahl des Autos. Fiat voluntas sua - sein Wille geschehe.
Von Burkhard Jürgens (KNA)