Priesterweihe trotz Corona: "Es ging um die Weihe, nicht um die Party"
Es war vermutlich eine der ungewöhnlichsten Priesterweihen, die je in Deutschland stattgefunden hat. Am vergangenen Samstag weihte Eichstätts Bischof Gregor Maria Hanke zwei neue Priester für sein Bistum – angesichts der geltenden Corona-Kontaktbeschränkungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Einer der neu geweihten Priester ist P. Ralph Heiligtag. Im Interview mit katholisch.de erzählt er, wie er die Weihe in der leeren Eichstätter Schutzengelkirche erlebt hat, wie es danach weiterging – und warum die Öffentlichkeit doch nicht ganz ausgeschlossen war.
Frage: P. Ralph, Sie sind am Samstag unter außergewöhnlichen Umständen zum Priester geweiht worden: Aufgrund der Corona-Pandemie fand die Weihe unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Außer den unmittelbar beteiligten Protagonisten war die Schutzengelkirche in Eichstätt leer. Wie haben Sie den Gottesdienst erlebt?
P. Ralph: Ich könnte jetzt sagen: Weil ich als Weihekandidat während des Gottesdienstes fast die ganze Zeit mit dem Rücken zum Kirchenschiff gestanden habe, habe ich gar nicht mitbekommen, dass die Kirche leer war (lacht). Aber im Ernst: Natürlich war das eine besondere Situation. Allerdings wussten wir ja vorher, was auf uns zukommt. Wir sind schließlich nicht in die Kirche gelaufen und wurden davon überrascht, dass dort niemand sitzt.
Frage: Hat Ihnen denn nichts gefehlt? Die Priesterweihe ist doch – ähnlich etwa wie eine Taufe oder eine Hochzeit – ein ganz besonderes Lebensereignis, das man mit möglichst vielen Menschen teilen möchte.
P. Ralph: Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn die Kirche voll gewesen wäre. Aber diese Option gab es angesichts der derzeitigen Situation nicht. Insofern ist es müßig, darüber nachzudenken, wie es anders hätte seien können. Im Übrigen: Die Konzentration auf Jesus Christus und auf das, was im Weihesakrament passiert, ist mir durch die große Stille in der Kirche sicher leichter gefallen. Die gesamte Zeremonie wurde durch die Corona-Pandemie auf das Wesentliche zurückgeworfen. Dadurch habe ich das Sakrament sehr intensiv wahrgenommen.
„Für mich war spätestens ab dem Zeitpunkt, als die Politik die ersten Kontaktbeschränkungen beschlossen hat, klar, dass die Corona-Pandemie die Weihe im Kern betreffen würde.“
Frage: Bischof Hanke hat zu Beginn des Gottesdienstes gesagt, dass er sich die Frage, ob die Priesterweihe hinter verschlossenen Türen stattfinden solle, sehr zu Herzen genommen habe. Wann genau ist denn die Entscheidung gefallen, die Weihe unter diesen besonderen Umständen durchzuführen?
P. Ralph: Wann es der Bischof am Ende so entschieden kann, kann ich nicht genau sagen. Für mich war aber spätestens ab dem Zeitpunkt, als die Politik die ersten Kontaktbeschränkungen beschlossen hat, klar, dass die Corona-Pandemie die Weihe im Kern betreffen würde. Oberflächlich betrachtet reduzierte sich die Entscheidung auf zwei Optionen: Eine Verschiebung der Weihe auf unbestimmte Zeit oder die Durchführung zum geplanten Termin und unter Einhaltung der gelten Schutzmaßnahmen.
Frage: Was sprach denn gegen eine Verschiebung? Wenn Sie nur ein paar Wochen gewartet hätten, hätte die Weihe doch vermutlich ganz normal stattfinden können.
P. Ralph: Vermutlich – oder eben auch nicht. Das kann derzeit doch niemand seriös sagen. Nehmen Sie nur die aktuelle Diskussion um einen Impfstoff: Da wird den Menschen auf wissenschaftlich dünnem Eis Hoffnung gemacht, dass es bald einen Impfstoff gegen das Coronavirus geben könnte – obwohl das noch völlig unklar ist. Für uns war sehr früh klar, dass wir die Weihe nicht von solchen Unsicherheiten abhängig machen wollten.
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Frage: Auch um den Preis, auf die sonst üblichen Feierlichkeiten rund um die Weihe verzichten zu müssen?
P. Ralph: Ja, denn uns war auch das Signal wichtig: Es geht um die Weihe und nicht um die Party. Die ursprünglich geplanten Feierlichkeiten können und werden zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden – das ist gar keine Frage. Uns ging es jetzt aber vor allem darum, den Menschen in dieser schwierigen Zeit möglichst schnell als Priester zur Seite stehen zu können. Dieser Dienstaspekt war uns wichtiger als eine opulente Feier mit vielen Menschen.
Frage: Wie ging es denn nach dem Weihegottesdienst weiter? Sind Sie danach einfach nach Hause gegangen und das war's?
P. Ralph: Nein. In Eichstätt gibt es die Tradition des Weihemahls. Das ist ein gemeinsames Mittagessen des Bischofs mit den neugeweihten Priestern, deren engsten Angehörigen, dem Regens und einigen weiteren Personen aus dem unmittelbaren Weiheumfeld. Dieses Mahl haben wir – mit den gebotenen Corona-Abständen – nach unserer Weihe ebenfalls begangen.
„Es ärgert mich, dass unter "Öffentlichkeit" in unserer Kirche noch viel zu oft die Menschen verstanden werden, die beim Gottesdienst in der Kirchenbank sitzen. Das ist altes Denken!“
Frage: Und wie hätten Sie ohne Corona gefeiert?
P. Ralph: Eigentlich wollten wir nach der Weihe ein großes Fest der Begegnung feiern. Das war mir besonders wichtig, weil ich ursprünglich nicht aus dem Bistum Eichstätt komme und bereits an vielen verschiedenen Orten gelebt habe. Zu meiner Weihe sollten Freunde und Bekannte aus ganz Deutschland und auch aus dem Ausland kommen, um gemeinsam mit mir zu feiern. Dem hat die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber wie gesagt: Das Fest holen wir nach.
Frage: War es Ihnen vor diesem Hintergrund ein Trost, dass Ihre Familie und Ihre Freunde und Bekannten zumindest den Weihegottesdienst per Livestream verfolgen konnten?
P. Ralph: Natürlich – und ich bin froh, dass Sie darauf zu sprechen kommen. Denn das macht deutlich, dass wir den Gottesdienst gar nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefeiert haben. Ehrlich gesagt: Es ärgert mich, dass unter "Öffentlichkeit" in unserer Kirche noch viel zu oft die Menschen verstanden werden, die beim Gottesdienst in der Kirchenbank sitzen. Das ist altes Denken! Dadurch, dass unser Weihegottesdienst live im Fernsehen und im Internet übertragen wurde, konnten viel mehr Menschen daran teilhaben, als jemals vor Ort in die Kirche gepasst hätten. Viele meiner Freunde und Bekannten, die weiter weg wohnen und vermutlich nicht extra nach Eichstätt gekommen wären, haben den Gottesdienst am Bildschirm verfolgt. Das ist Sendungsweite im besten katholischen Sinne! Allen ist doch klar, dass sich in der Kirche etwas ändern muss. Jetzt war mein Bischof bereit, etwas Innovatives auszuprobieren. Für mich ist das ein Grund zur Freude mehr.