Schlachthof war wegen Corona-Fällen geschlossen worden

Pfarrer protestiert vor Fleischfabrik gegen "moderne Sklaverei"

Veröffentlicht am 09.05.2020 um 14:15 Uhr – Lesedauer: 

Coesfeld ‐ "Ein-Mann-Demo" gegen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen: Der Pfarrer Peter Kossen hat vor dem Schlachthof der Firma "Westfleisch" in Coesfeld protestiert. Zuvor hatten sich mehrere der Saisonarbeiter dort mit dem Coronavirus infiziert.

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Der katholische Sozialpfarrer und Menschenrechtler Peter Kossen hat am Samstag mit einer angemeldeten "Ein-Mann-Demo" gegen die Arbeitsbedingungen in Fleischfabriken und Schlachthöfen demonstriert. Fast drei Stunden lang stand er mit Schildern wie "Moderne Sklaverei beenden" vor dem Werkstor von "Westfleisch" im westfälischen Coesfeld. Der Schlachtbetrieb war am Freitag geschlossen worden, nachdem mehr als 100 Beschäftigte positiv auf das Coronavirus getestet worden waren.

"Das kann nur ein Anfang sein", sagte Kossen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Die Reißleine musste gezogen werden, weil offensichtlich wurde, dass man sich auf die Zusagen der Betriebe nicht verlassen kann." Das betreffe nicht nur "Westfleisch", sondern auch viele andere Fleischfabriken. Er hoffe, dass Niedersachsen jetzt "nachzieht" und auch die dortigen Schlachthöfe und Betriebe "stärker kontrolliert und gegebenenfalls schließt".

Saisonarbeiter stünden Virus oft wehrlos gegenüber

"Ein Systemwechsel ist dringend notwendig", ergänzte der Theologe. Unter anderem müsse die Corona-Vorschrift "Ein Mensch - ein Raum" auch in der Fleischindustrie durchgesetzt werden. Momentan aber seien Massenunterkünfte für die meist ausländischen Arbeiter der Regelfall, in denen zum Teil auch sehr schlechte hygienische Bedingungen herrschten. Außerdem würden die meisten "in vollgestopften Bussen zur Arbeit gekarrt", was das Infektionsrisiko weiter erhöhe.

Saisonarbeiter in Fleischindustrie und Landwirtschaft stünden dem Virus oft wehrlos gegenüber, so Kossen weiter. Ihre Lebensbedingungen müssten grundsätzlich verbessert werden. Weitere Infektionen seien sehr wahrscheinlich. Die Behörden müssten den Betrieben "endlich auf die Füße treten", damit diese für menschenwürdige Arbeitsbedingungen sorgen. Zum Beispiel müssten sie freie Hotelkapazitäten und andere Alternativen für eine bessere Unterbringung nutzen.

Kontrolliert werden, so der Sozialpfarrer, müsse auch, ob die Arbeitskräfte nach der Schließung der Werke weiter wie vorgeschrieben bezahlt würden. Diese seien oft bei Fremdfirmen und Subunternehmen angestellt und damit in einer "Grauzone" beschäftigt, die man sich gerade in dieser Zeit genau anschauen müsse, so Kossen: "Wenn die Politik das will, kann sie das kontrollieren und regeln." (KNA)

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