Religionsunterricht in der Corona-Zeit: Wissen und Seelsorge
Von nichts kommt nichts: Monika Leenders-Pannen hat auch vor Corona schon digitale Medien im Unterricht eingesetzt – und dann doch die Verbindung zur realen Welt gesucht. Leenders-Pannen unterrichtet eine vierte Klasse an der katholischen Franz-Vaahsen-Schule in Düsseldorf-Wittlaer im Fach Religion.
Frage: Digitaler Unterricht ist sowieso schon eine Herausforderung, beim Religionsunterricht kommen dann die großen Fragen noch dazu. Wie sind Sie das angegangen?
Leenders-Pannen: Zunächst habe ich versucht, ganz alltäglich zu arbeiten, indem ich einfach das Thema weitergemacht habe, an dem wir sowieso gearbeitet hatten: Die Kinder haben sich die drei abrahamitischen Weltreligionen in kleinen Gruppen als Powerpoint-Präsentationen erarbeitet. Jedes Kind hatte also zwischen zwei und vier Folien beigesteuert. Als es mit Corona losging, war das Thema eigentlich abgeschlossen. Aber ich habe die Klasse dann auf Kinderseiten hingewiesen, in denen es um die Weltreligionen ging. Wer Lust hatte, konnte einfach nochmal eine Präsentation zu einer anderen Religion machen – auf freiwilliger Basis. Das haben die Schüler tatsächlich gemacht und ich habe zum Teil ganz tolle Präsentationen geschickt bekommen. Die Kinder nutzen die neuen Medien natürlich gerne und wir hatten vorher ein Tool besprochen, mit dem sie selbstständig arbeiten können. Man kann nicht von heute auf morgen digitale Medien in den Unterricht einbringen, wenn man nicht vorher schon eine gewisse Medienpädagogik praktiziert hat. Aber so konnten die Kinder dann selbstständig arbeiten. Das war ein Anfang.
Frage: Welche neuen Vermittlungsformen haben Sie ausprobiert?
Leenders-Pannen: Neben den Präsentationen habe ich meine Klasse losgeschickt, um einen Film über unseren Gabenzaun zu drehen. In den Osterferien gab es die Möglichkeit, zum Schulzaun zu gehen, sich dort ein selbstgebasteltes Ostergeschenk mitzunehmen und im Austausch eines dazulassen. Manche aus der Klasse haben das gefilmt, andere Musik für die Tonspur beigesteuert. Die Kinder haben mir das anschließend geschickt und ich habe es zusammengefügt. Schlussendlich ist dabei ein kleiner Werbefilm herausgekommen, mit dem wir die ganze Schule dazu gebracht haben, an diesem Projekt teilzunehmen.
Frage: Vor allem in Krisenzeiten geht es im Religionsunterricht auch um Themen, die über den eigentlichen Lehrstoff hinausgehen. Wie kann man den Kindern in ihrer momentanen Lebenssituation weiterhelfen?
Leenders-Pannen: Da kann der Religionsunterricht einen großen Beitrag leisten. Ich habe zum Beispiel die Misereor-Fastenaktion wie jedes Jahr in den Unterricht integriert – diesmal mit dem Hinweis an die Kinder, dass sie sich auf der Webseite selbst informieren sollten. Dadurch konnten sie einen Weitblick bekommen: Corona ist zwar auch bei uns in Deutschland furchtbar, aber wenn wir uns die Situation in anderen Ländern vor Augen halten, in denen etwa die Frage der Triage wesentlich brennender ist, klagen wir hier auf hohem Niveau. Daneben ging es dann auch um das Leben von Kindern in Syrien und im Libanon – das relativiert ein bisschen diese Nabelsicht von uns Westeuropäern. Besonders der katholische Religionsunterricht mit seiner universellen Sicht kann den Blick weiten.
Frage: Müssen Sie auch Seelsorge leisten, weil sich die Kinder einsam fühlen?
Leenders-Pannen: Wir haben über eine Lernplattform im Netz Kontakt miteinander und die Kinder können mir jederzeit schreiben. Ich habe durchaus Kinder, die sich drei Mal am Tag melden – manchmal schreiben sie auch nur, dass ihnen langweilig ist. Da komme ich mir schon vor wie beim Kindersorgentelefon. Das ist aber unabhängig von meiner Expertise als Religionslehrerin, meine Kollegen mit anderen Fachkombinationen machen das auch: Die Kinder bei der Stange halten und ein offenes Ohr für die Situationen bei ihnen zu Hause haben.
Frage: Was können Sie denn speziell als Religionslehrerin den Kindern mitgeben?
Leenders-Pannen: Corona ist sehr plötzlich gekommen. Ich wusste am Freitag nicht, ob ich meine Kinder am Montag wiedersehen würde. Wir haben als Religionslehrer jetzt die Aufgabe, die Kinder mit einer gewissen Gelassenheit und Zuversicht zu begleiten. Natürlich ist das eine krasse Situation, die auch ich noch nicht erlebt habe, aber wir dürfen nicht so schnell in Panik geraten. Da ist eine gute Portion Gottvertrauen sicher hilfreich, um aus der Schockstarre zu kommen: Es gibt ein danach; wir sehen uns alle wieder.