Evangelische Theologin: Pfingstmontag abgeben und Jom Kippur bekommen
Die evangelische Theologin Christiane Thiel plädiert dazu, auf den Pfingstmontag zu verzichten und dafür Jom Kippur zum bundesweiten Feiertag zu machen. "Das wäre wirklich ein Zeichen, egal ob wir irgendwas mit Gott anfangen können", sagte Thiel im Interview mit dem Deutschlandfunk (Samstag). Damit reagiere sie auf ihren Kollegen Friedrich Wilhelm Graf, der sich den höchsten jüdischen Feiertag – das Versöhnungsfest – als gesetzlichen Feiertag in Deutschland wünsche. Alle Menschen würden von Versöhnung leben – und das könne mit einem solchen Feiertag gut zum Ausdruck gebracht werden.
Der Pfingstmontag und auch der Ostermontag hätten religiös keine Bedeutung, so die Theologin aus Halle an der Saale. Diese Feiertage stammten aus dem Feudalismus. "Da durften die Arbeitssklaven dann in den Gottesdienst gehen. Oder mal nach Hause laufen, meistens liefen die heim, die Mägde und die Knechte", sagte sie.
Thiel spricht sich grundsätzlich dafür aus, christliche Feiertage abzugeben, damit die anderen Religionen auch ihren Raum und ihre Festtage bekommen "und wir die alle zusammen feiern". Wichtig ist es ihr, dass die Menschen Pausen machen. Dafür habe in Mitteleuropa als Erbe des Judentums das Christentum gesorgt. Es sei aber durchaus möglich, diese Feiertage umzubenennen: "Hauptsache, es gibt Feiertage." Die Menschen bräuchten Pausen in ihrem "durchindustrialisierten" Alltag, sagte die Theologin. Daher seien Feiertage so wichtig – diese Feiertage müssten aber nicht zwingend christliche sein.
Das öffentliche Leben kommt an Jom Kippur zum Erliegen
Jom Kippur ist seit der Zerstörung des Jerusalemer Tempels der höchste Feiertag im Judentum. Der Versöhnungstag fällt in diesem Jahr auf den 28. September und beginnt mit dem Sonnenuntergang am Vorabend. Jom Kippur wird als strenger Fast- und Ruhetag begangen. Das öffentliche Leben kommt zum Erliegen. Es gibt weder Radio- noch Fernsehprogramme, auch der Flughafen ist an Jom Kippur geschlossen. Der höchste Feiertag wird von der Mehrheit der Juden, einschließlich der nicht-religiösen, eingehalten.
Neben Essen und Trinken sind an Jom Kippur nach der Thora sexuelle Kontakte, Körperpflege und Luxusgegenstände wie etwa Lederschuhe verboten. Am Versöhnungstag kleidet man sich weiß. Vor Anbruch der Nacht versammeln sich die Gläubigen in den Synagogen, um das Kol-Nidre-Gebet zu sprechen – den formelhaften Widerruf aller persönlichen Gelübde, Eide und Versprechungen gegenüber Gott, die unwissentlich oder unüberlegt abgelegt wurden.
Um eine Vergebung der gegen Gott gerichteten Sünden zu erhalten, müssen bereits vor Jom Kippur alle zwischenmenschlichen Verfehlungen ins Reine gebracht werden. Schon die zehn dem Feiertag vorausgehenden Tage sind deswegen geprägt von Buße und Fasten. Nach dem Talmud ist dies die Zeit, in der durch Einkehr und Umkehr für Sünden des Jahres gesühnt und somit das Urteil über den Eintrag in das Buch des Lebens positiv beeinflusst werden kann. (KNA)