Ordensfrau: Missbrauchende Priester sind "Seelenmörder"
In ihrem Vortrag im Rahmen eines Webinars gegen Kindesmissbrauch in der Kirche hat die Ordensschwester Nuala Kenny missbrauchende Priester als "Seelenmörder" bezeichnet. Kindesmissbrauch durch Priester verursache einen doppelten Schaden: Denn da der Priester Gott repräsentiere, verlören Opfer durch dessen Missbrauch ihren "Sinn für spirituellen Trost und Heilung", zusätzlich zum Leid durch die Tat selbst.
Die gelernte Ärztin äußerte sich am Montag im Rahmen ihrer Keynote bei einer digitalen Veranstaltungsreihe der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen, des italienischen Kindersorgentelefons "Telefono Azzuro" und der Internationalen Vereinigung von Generaloberinnen, heißt es in einem Bericht der US-Nachrichtenseite "Crux" am Dienstag.
Kenny betonte, dass beim Thema Missbrauch "tiefgehende spirituelle Herausforderungen" wichtig seien. Es müsse erst eine Kultur der Fürsorge entwickelt werden, damit die Arbeit an Vorgehensweisen und Abläufen effektiv sein könne. Jahrelang seien Missbrauch, Schweigen und ausbleibendes Handeln der Kirchenleitung die Methoden im Umgang mit dem Problem gewesen. Deshalb würden die Auswirkungen der Missbrauchskrise noch über einen längeren Zeitraum spürbar bleiben.
Für eine "Theologie der Kindheit"
Kenny sprach sich für eine "Theologie der Kindheit" aus, in deren Entwicklung der Umgang Jesu mit Kindern handlungsleitend sein solle, zudem sollten Erkenntnisse zur Kindesentwicklung miteinbezogen werden. Weiterhin forderte sie eine "Ethik des Lebens"; die Position der Kirche in diesen Fragen dürfe sich nicht nur auf Sexualität und Fortpflanzung fokussieren. "Menschen gehen auf Lebensrechtsdemonstrationen und leugnen gleichzeitig Kindesmissbrauch und dass er durch Priester geschieht", schilderte Kenny eigene Erfahrungen. Eine Ethik des Lebens solle nicht nur Skandale verurteilen, sondern Achtsamkeit fördern und Tugend aufbauen.
Des Weiteren nannte sie als Folge der Missbrauchsfälle in der Kirche die sich wandelnde Rezeption des Priesters. Hätten vergangene Generationen dieses Amt noch als privilegiert wahrgenommen, wuchsen heutige Kinder und Jugendliche mit dem Klischee des pädophilen Geistlichen auf. "Das ist eine ernste Sache für uns alle", so Kenny.
Die Ordensfrau ist Mitglied der Ad-hoc-Kommission für sexuellen Kindesmissbrauch der kanadischen Bischofskonferenz und hielt die erste Keynote der Webinar-Reihe. Weiterer Redner der insgesamt vier Veranstaltungen wird unter anderem der deutsche Jesuit Hand Zollner sein, der das Zentrum für Kindesschutz an der päpstlichen Universität Gregoriana leitet. (cph)