Zwei Jahre nach Inkrafttreten der umstrittenen Verordnung

Bayerischer Kreuzerlass wird Fall für Verwaltungsgerichtshof

Veröffentlicht am 11.06.2020 um 09:01 Uhr – Lesedauer: 

München ‐ Nach heftigen Debatten trat vor zwei Jahren der Kreuzerlass der bayerischen Landesregierung in Kraft. Nun wird die Verordnung, nach der im Eingangsbereich aller Dienstgebäude in Bayern ein Kreuz hängen muss, ein Fall für den Verwaltungsgerichtshof.

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Zwei Jahre nach seinem Inkrafttreten wird der umstrittene Kreuzerlass der bayerischen Landesregierung ein Fall für den Verwaltungsgerichtshof im Freistaat. Ein entsprechendes Verfahren sei dort seit Ende vergangener Woche anhängig, berichteten am Mittwoch übereinstimmend mehrere Medien unter Verweis auf eine Gerichtssprecherin. "Das ist ganz frisch bei uns eingegangen", so die Sprecherin wörtlich. Zuvor war bekannt geworden, dass das Verwaltungsgericht München 27 Klagen gegen den Erlass an die höhere Instanz verwiesen hatte.

Heftige Kritik auch aus den Kirchen

Im April 2018 hatte die bayerische Landesregierung auf Initiative des damals frisch ins Amt gekommenen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) entschieden, im Eingangsbereich aller Dienstgebäude des Freistaats ein Kreuz als "sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Bayern und Deutschland" aufhängen zu lassen. Trotz heftiger Kritik auch aus den Reihen der Kirchen trat der Erlass am 1. Juni 2018 in Kraft.

Kurz danach reichte unter anderem der religionskritische Bund für Geistesfreiheit (BfG) Klage gegen den Erlass ein. Der BfG-Klage schlossen sich damals 25 Unternehmer, Politiker und Kulturschaffende an, darunter der Liedermacher Konstantin Wecker. Nach Gerichtsangaben werden alle Klagen gesammelt verhandelt. Die Kläger wollen die bayerische Landesregierung dazu verpflichten, den Kreuzerlass zurückzunehmen und die Kreuze wieder zu entfernen.

Kläger sehen Gerichtsbeschluss als Teilerfolg

Das Verwaltungsgericht betonte, der Verweis an die höhere Instanz sei ein rein prozessualer Beschluss, weil es sich um ein Normenkontrollverfahren handle und in einem solchen Fall der Verwaltungsgerichtshof zuständig sei. Ein Normenkontrollantrag richtet sich gegen andere, im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften wie Verordnungen und Satzungen. "Eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des 'Kreuzerlasses' selbst geht damit nicht einher", hieß es. Der Verwaltungsgerichtshof muss nun zunächst prüfen, ob es sich tatsächlich um ein Normenkontrollverfahren handelt. Erst danach kommt es in der Regel zu einer mündlichen Verhandlung. Aktuell sei es daher noch zu früh, um sagen zu können, ob und wann es zu einem Verfahren kommt, so die Gerichtssprecherin.

Der Bund für Geistesfreiheit erkennt in dem Beschluss allerdings einen Teilerfolg. Denn darin heißt es: Der Kreuzerlass stelle einen Eingriff in die Religions- und Weltanschauungsfreiheit dar und sei "gezielt darauf gerichtet, jeden Behördenbesucher mit dem Kreuz zu konfrontieren". Ein Sprecher des Verwaltungsgerichtshofs betonte aber, dass nicht jeder Eingriff in Grundrechte auch automatisch bedeute, dass er rechtswidrig sei. (stz)