Hirte ohne Berührungsängste – Erzbischof Koch seit 40 Jahren Priester
Der bischöfliche Wahlspruch, den Heiner Koch gewählt hat, passt zu ihm. "Freut euch allezeit! Der Herr ist nahe", lautet der Satz aus dem Brief des Apostels Paulus an die Philipper (4,4). Koch ist ein optimistischer Mensch, der Lebensfreude ausstrahlt und darin zuweilen beinahe kindlich wirkt. Einer, der auf die Menschen zugeht, auch wenn sie – wie häufig im atheistisch geprägten Berlin – ganz anders sozialisiert sind als er, der rheinische Katholik, der den Karneval liebt. Am Samstag, seinem 66. Geburtstag, feiert Koch auch sein 40-jähriges Priesterjubiläum.
Seit September 2015 ist er Erzbischof von Berlin und damit zuständig für mehr als 400.000 Katholiken in der Hauptstadt, in weiten Teilen Brandenburgs sowie Vorpommern. Ein großer Unterschied zum Erzbistum Köln mit knapp zwei Millionen Katholiken, wo er sieben Jahre Weihbischof war. Fort vom Rhein führte ihn 2013 zunächst die Ernennung zum Bischof des Bistums Dresden-Meißen, bevor er zwei Jahre später an die Spree berufen wurde. Als der Anruf des Berliner Domkapitels kam, hat es ihm nach eigenen Worten "emotional den Boden unter den Füßen weggezogen".
Herz auf der Zunge
Wie ihm manchmal ums Herz ist, daraus macht Koch auch sonst keinen Hehl. Er sei definitiv "kein Single-Typ", räumte er in einem Interview ein. Wenn er nicht Priester geworden wäre, hätte er gerne eine Familie gegründet. Stattdessen entschied er sich – im Vergleich zu heutigen Priesteramtskandidaten – sehr jung für den zölibatären Weg und empfing am 13. Juni 1980, seinem 26. Geburtstag, im Kölner Dom die Priesterweihe. Weggefährten aus dem Bonner Priesterseminar beschreiben ihn als einen, der schon früh wusste, wo er hinwollte.
Verbindlich im Ton, ist Koch zugleich auch entschieden in der Sache: Als Vorsitzender der Familienkommission der Deutschen Bischofskonferenz setzt er sich für gesellschaftlich eher unbeliebte Themen wie den Schutz des ungeborenen Lebens ein. Auch die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen ist ihm ein wichtiges Anliegen. In seinem jüngsten Buch "Zu Gott um's Eck" zeigt er sich besonders offen für die Menschen, die nicht glauben – Mission und Missionierung sei "alles andere als antiquiert".
Erfahrung mit kritischen Fragen konnte Koch bereits am Anfang seiner beruflichen Laufbahn sammeln, etwa als Hochschulpfarrer der Düsseldorfer Universität. Als Generalsekretär des Kölner Weltjugendtags 2005 kam er in Kontakt mit Jugendlichen aus der ganzen Welt.
Reichlich Großprojekte
Als Berliner Erzbischof folgte Koch Kardinal Rainer Maria Woelki nach und erbte auch die von diesem angestoßenen innerkirchlichen Veränderungsprozesse. Dazu gehört etwa eine tiefgreifende Strukturreform, bei der Gemeinden zu größeren "pastoralen Räumen" vereint werden. Ein weiteres ambitioniertes Großprojekt sind Sanierung und Umbau der Sankt-Hedwigs-Kathedrale, der Bischofskirche des Erzbistums. Mit Kochs nachdrücklicher Unterstützung bereits erfolgt ist die Gründung eines Instituts für Katholische Theologie an der Humboldt-Universität.
Beim Synodalen Weg, einem in Folge des Missbrauchsskandals eingeleiteten Dialog der katholischen Kirche in Deutschland, versucht Koch zu vermitteln und warnt vor einer innerkirchlichen Nabelschau. Er mahnt die Vertreter reformorientierter und bewahrender Positionen zur Einheit – auch dann, wenn sie sich mit ihren Vorstellungen nicht vollständig durchsetzen können.