In Hamburg beginnt der Jacobusweg durch die Lüneburger Heide

Urlaubsalternative in Corona-Zeiten: Pilgern im Norden

Veröffentlicht am 11.07.2020 um 12:30 Uhr – Lesedauer: 

Hamburg ‐ Pilgern auf dem Jakobsweg: Das muss nicht gleich eine Reise durch ganz Frankreich und Nordspanien sein. Der Jacobusweg von Hamburg durch die Lüneburger Heide ist nicht nur in Corona-Zeiten eine Alternative – und hat einiges zu bieten.

  • Teilen:

Urlaub auf Abstand – wie soll das gehen? Bilder im Kopf von eng belegten Badestränden oder einer gut besuchten Berghütte verleiden manchem derzeit die Lust am Wegfahren. Die Norddeutschen entdecken da gerade das Pilgern als Alternative. Der Jakobsweg – seit dem 9. Jahrhundert Wallfahrtsstrecke für Pilger aus ganz Europa zum Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela in Nordwestspanien – führt auch durch die Millionenmetropole Hamburg. Zentraler Punkt dabei ist die evangelische Hauptkirche Sankt Jacobi.

Hier beginnt der je nach Wegvariante 200 bis 280 Kilometer lange Jacobusweg durch den Naturpark Lüneburger Heide und Südheide sowie durch das Aller-Leine-Tal. An der über 750 Jahre alten Kirche mitten in der City zwischen Alster und Elbe erhalten Pilger ihren Pilgerpass. 1.100 wurden im vergangenen Jahr hier ausgegeben. Und nach einer coronabedingten Flaute steigt derzeit die Nachfrage wieder, wie Pilgerpastor Bernd Lohse von der evangelischen Nordkirche bestätigt.

"Das zieht gerade stark an. Wir bekommen Anfragen im Halbstundentakt", so der Kirchenmann. In Corona-Zeiten sei eben das Pilgern eine klare Alternative zum Massentourismus. Wenn man erstmal aus der Stadt raus sei, gebe es genügend Ruhe und Abstand – und "Gelegenheit für Kontakt mit sich selbst und mit Gott". Denn das sei ja das eigentliche Ziel der Pilger, erklärt Lohse: "Die Menschen kommen erst ins Gespräch mit Gott, wenn sie den Kontakt zu sich selbst gefunden haben". Das "Gespräch mit der Schöpfung" trage viel dazu bei.

Viel zu sehen

Und von Schöpfung gibt es auf dem Jacobusweg Lüneburger Heide viel zu erleben. Haben die Pilger die quirlige Hafencity hinter sich gelassen und die Elbe überquert, geht es durch weite Wald- und Heidelandschaften. 21 Kilometer lang ist die erste Etappe, die in Sinstorf in Hamburg-Harburg endet. Highlight hier ist der einzige noch in wesentlichen Teilen erhaltene mittelalterliche Kirchbau auf heutigem Hamburger Stadtgebiet. Einen ersten Vorgängerbau noch aus Holz datieren Experten auf das 11. Jahrhundert, den ersten Steinbau aufs 12. Jahrhundert. In ihrer heutigen Struktur existiert die Kirche seit 1416.

Wer jetzt schon genug hat, fährt einfach mit Bus und Bahn innerhalb weniger Minuten in die Stadt zurück. Für die anderen bleibt mehr als ein Dutzend weiterer Etappen. Die Wegstrecke führt unter anderem über Ramelsloh, wo der heilige Ansgar 845 ein Kloster gründete, nach Schneverdingen und Soltau. Hier trennt sich der Jacobusweg in zwei Verläufe, die später wieder aufeinandertreffen. Der eine führt übers Kloster Walsrode und durch das Aller-Leine-Tal, der andere durch den Naturpark Südheide, vorbei am Kloster Wienhausen und durch die Residenzstadt Celle. Endpunkt ist das Kloster Mariensee in Neustadt am Rübenberge. Um 1207 als Zisterzienserinnenkloster gegründet, ist es heute ein evangelisches Frauenkloster.

"Ganz wichtig aber ist es derzeit, sich vorher über Übernachtungsbetriebe zu informieren", sagt Pilgerpastor Lohse. Manche Unterkünfte seien noch nicht wieder geöffnet. Der Streckenverlauf ist durchgehend mit dem einheitlichen Logo des Jacobusweges beschildert. Eine Wegekarte gibt es trotzdem im Hamburger Pilgerzentrum zum Pilgerpass dazu. Und einen Tipp gibt Pastor Lohse in Corona-Zeiten noch gern mit auf den Weg: An nahezu allen Etappenzielen gibt es gute Bahnverbindungen nicht nur nach und in Richtung Hamburg, sondern auch nach Hannover und Bremen.

Von Johannes Schönwälder (KNA)