Vorwurf: Aufarbeitung zu langsam

Magazin: Missbrauchsbeauftragter drohte EKD mit Gesprächsstopp

Veröffentlicht am 11.07.2020 um 11:08 Uhr – Lesedauer: 

Hamburg ‐ Erst kürzlich beklagte der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung bei der evangelischen Kirche einen Nachholbedarf bezüglich der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. Jetzt wurde bekannt, dass er mit einem Abbruch der Gespräche gedroht haben soll.

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Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit dem Abbruch der offiziellen Gespräche zur Missbrauchsaufarbeitung gedroht. Ende Mai habe er angemahnt, dass die Institution den sexuellen Missbrauch in den eigenen Reihen zu langsam aufarbeite, wie laut Magazin "Spiegel" (Samstag) aus einem Schreiben an die EKD-Beauftragte, Bischöfin Kirsten Fehrs, hervorgeht.

Die EKD hatte Ende 2018 auf einer Synode angekündigt, verbindliche Standards für die unabhängige Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche und ihren Institutionen zu schaffen. Es geht unter anderem um die Einrichtung unabhängiger Aufarbeitungskommissionen in den 20 Landeskirchen. Die Gremien sollen überwiegend mit externen Experten und Betroffenen besetzt sein. Dazu beschloss die EKD einen Elf-Punkte-Plan, der etwa neben einer umfassenden wissenschaftlichen Studie auch die Beteiligung von Betroffenen vorsieht.

Nach der Drohung Rörigs lenkte dem Magazin zufolge der von Bischöfin Fehrs geleitete EKD-Beauftragtenrat zum Schutz vor sexualisierter Gewalt ein. Er versprach, bis Ende September einen Entwurf für eine gemeinsame Vereinbarung zu präsentieren. Aktuell sind deutschlandweit 867 Missbrauchsfälle aus der EKD und ihren Institutionen bekannt.

Bereits Anfang Juli hatte Rörig die evangelische Kirche kritisiert. Bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt sehe er einen Nachholbedarf, so der Missbrauchsbeauftragte. Die katholische Kirche sehe er dagegen in einer Vorreiterrolle. (mpl/KNA)