Standpunkt

Vatikan-Instruktion: Wir brauchen Hoffnung statt alte Strukturen

Veröffentlicht am 27.07.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Dresden ‐ Vor einer Woche hat der Vatikan seine Instruktion zu Pfarreien veröffentlicht. Thomas Arnold vergleicht das Schreiben mit einem Satelliten – und glaubt, dass damit auch die Funkverbindung der Kirche nach außen weiter abreißt.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Genau eine Woche ist es nun her, dass der Vatikan mit einem Satelliten der (Kirchen-)Welt die Verhältnisse nochmals erklärt hat: Die Erde ist eine Scheibe und die Sonne dreht sich drumherum. Roma locuta, causa finita.

Ja, man könnte diese Instruktion behandeln wie so viele der kirchlichen Papiere. Geschrieben, um nicht beachtet zu werden. Alle wissen, dass dieser römische Satellit nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Aber wie ernst wäre dann das Verhältnis zwischen Orts- und Weltkirche, zwischen der den Diözesen und Rom? Also muss man das Papier ernst nehmen, es diskutieren. Auf diesem Weg droht es jedoch zum Desaster zu werden.

Schon bei der Analyse zeigt dieser römische Satellit die kontinentalen Verschiebungen zwischen Bischöfen. Kaum Gemeinsames findet man in den Interpretationen. Umso mehr dafür Polarisierungen. Ist dieser Satellit also mehr Spaltpilz statt Chance für den besseren Überblick? Missionarisch Kirche zu sein – so versteht man zumindest das Grundanliegen des Papiers – geht auf jeden Fall anders.

So richtig nach innen hin wirkt der Satellit aber erst im Verglühen. Denn die Botschaft hat es in sich. Waren doch schon weite Teile der (Welt-)Kirche weiter in ihrer Erkenntnis und hätten diese Erläuterungen nicht gebraucht. Jetzt aber lassen sich die Botschaften dieses römischen Satelliten nicht mehr im Stillen vernichten oder wie Schall und Rauch auflösen. Stattdessen wird er zur nächsten Bombe – mitten in die Herzen engagierter Getaufter. Denn er zerstört Vertrauen, sowohl im Stil als auch im Inhalt. Weltweit gebeutelt vom Machtmissbrauch, der in sexuellen Vergehen eine abscheuliche Fratze annimmt, betont die Kirche das Gewesene statt der Suche Raum zu geben, wie Macht und Vollmacht in ein angemessenes Verhältnis finden können. Dabei ist dieses Skandalon kein deutsches Problem. Da reicht der Blick von Südamerika bis Südkorea, von Skandinavien bis Südafrika.

Viel fataler aber erscheint dieser römische Irrläufer nach außen. Erneut beschäftigt sich die Kirche intensiv mit sich selbst statt Antwortoptionen und Deutungshorizonte für die Situation der Menschen zu bieten. Ist das Klagen einiger, dass die Kirche die Menschen zuletzt in der Corona-Krise allein gelassen hat, immer noch zu leise? Wir brauchen Satelliten, die Hoffnung schenken statt Strukturen verwalten. Die Funkverbindung reißt ab, wenn Satelliten wie der vom letzten Montag weiterhin Erkenntnisse liefern, die eklatant von der Wirklichkeit der Menschen abweichen. Schon heute sind die Störgeräusche kaum mehr zu überhören. Nicht nur in Deutschland. Roma locuta, causa aperta.

Von Thomas Arnold

Der Autor

Thomas Arnold ist Leiter der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.