Kirchenasyl: Kurienkardinal lobt Verhalten von deutscher Äbtissin
Kurienkardinal Michael Czerny hat das Verhalten der deutschen Äbtissin Mechthild Thürmer (62) gewürdigt. Angesprochen auf die Verhandlung des Amtsgerichts Bamberg gegen die Ordensfrau wegen Kirchenasyls sagte Czerny am Donnerstagabend bei einem Internet-Seminar der englischen Zeitschrift "The Tablet": "Gott segne sie!" Czerny ist in der vatikanischen Entwicklungsbehörde für die Themen Migration und Flucht zuständig. Die Benediktinerin Thürmer hält trotz einer vom Gericht angedrohten Gefängnisstrafe am Kirchenasyl fest. Die Äbtissin von Kloster Kirchschletten ist der Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt angeklagt. Ein Verhandlungstermin wurde mit Blick auf zwei weitere Ermittlungsverfahren dieser Tage kurzfristig abgesagt.
Thürmer kündigte unterdessen an, auch weiterhin am Kirchenasyl festhalten zu wollen. Im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) äußerte die Ordensfrau am Donnerstag ihr Befremden über einen vom Amtsgericht Bamberg noch vor jeder öffentlichen Verhandlung angebotenen Deal. Das Gericht hatte ihr "dringend nahegelegt", mit Blick auf eine zu erwartende "empfindliche Freiheitsstrafe" wenigstens die aktuelle Beherbergung einer Asylbewerberin aufzugeben. Für diesen Fall wurde ihr die Aussetzung der Strafe zur Bewährung in Aussicht gestellt.
Mutter Mechthild: "Das ist doch kein Schachspiel"
Mutter Mechthild sagte, sie werde das aktuelle Kirchenasyl erst beenden, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) die betreffende Frau in ein nationales Verfahren übernommen habe. Der von ihr beschützten Kurdin drohe die Abschiebung nach Rumänien. "Es geht um Menschenleben, um die Zukunft junger Menschen", sagte die Ordensfrau. Diese könne sie im konkreten Fall nicht opfern, nur weil sie selbst sich in einer juristischen Auseinandersetzung befinde. "Das ist doch kein Schachspiel."
Irritiert zeigte sich die Benediktinerin ferner von dem Umstand, dass sie vom Gericht offenbar als vorsätzlich handelnde Wiederholungstäterin eingestuft werde. Dabei habe sie vom Strafantrag der Staatsanwaltschaft erst am 5. Februar erfahren. Die beiden anderen Kirchenasyle hätten aber schon am 19. Januar 2020 und am 10. September 2019 begonnen. Letzteres sei inzwischen beendet. Die Äbtissin berichtete außerdem von Solidaritätsbekundungen, die sie inzwischen aus aller Welt empfangen habe, sogar aus den USA. "Ich bräuchte zwei Sekretäre, um alles zu beantworten", sagte sie.
Gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) wies Thürmer die gegen sie erhobenen Vorwürfe noch einmal entschieden zurück. Die Äbtissin beruft sich bei den von ihrer Abtei gewährten Kirchenasylen darauf, dass sie das Bamf sowie die Ausländerbehörden und auch die Vertreter der Kirche von Anfang an jeweils über die Beherbergung der Geflüchteten informiert und sich somit an Behördenvorgaben gehalten und nicht strafbar gemacht habe. Thürmer sagte, bei einem weiteren ihr vorgeworfenen Fall von Kirchenasyl gehe es um eine Nigerianerin, die aus Angst vor Zwangsehe und Beschneidung nach Bayern geflüchtet sei. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Bamberg bestätigte dem epd, dass gegen die Äbtissin wegen "zwei tatmehrheitlicher Fälle von Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt" ermittelt werde. Nach Informationen des epd wirft die Staatsanwaltschaft Thürmer außerdem vor, Teile der Ermittlungsakten an die Presse weitergegeben zu haben. Sie selbst bestreitet das und wisse nichts von derartigen Ermittlungen, so Thürmer. Der Sprecher der Staatsanaltschaft wollte sich aus "ermittlungstaktischen Gründen" nicht zu diesem Vorwurf äußern.
Juristen und Befürworter des Kirchenasyls schreiben dem Prozess vor dem Amtsgericht allgemeine Bedeutung zu, da es bisher keine gerichtlichen Grundsatzentscheidungen zur möglichen Strafbarkeit von Kirchenasyl gebe. In der Vergangenheit stellten die Staatsanwaltschaften in Bayern die Verfahren oft "wegen geringer Schuld" ein - teils ohne Sanktionen, teils gegen Zahlung einer Geldauflage. Zuletzt verhängten sie mehrfach Strafbefehle, die die Beschuldigten akzeptierten. Thürmer hingegen hatte gegen ihren Strafbefehl über 2.500 Euro Einspruch eingelegt. (tmg/KNA/epd)