Reformdebatte der Kirche in Deutschland unbeirrt fortsetzen

"Wir sind Kirche": Synodaler Weg muss Vatikan und Corona trotzen

Veröffentlicht am 11.08.2020 um 13:44 Uhr – Lesedauer: 

München ‐ Weder die "äußerst irritierende" Vatikan-Instruktion zu Pfarreien noch die Pandemie dürften die deutsche Reformdebatte zum Stillstand bringen: Die Organisation "Wir sind Kirche" wendet sich in einem Offenen Brief an die Teilnehmer des Synodalen Wegs.

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Der Reformprozess in der katholischen Kirche in Deutschland soll nach dem Willen der Organisation "Wir sind Kirche" unbeirrt fortgesetzt werden. Weder die Corona-Krise noch die "äußerst irritierende" Vatikan-Instruktion zu Reformen in katholischen Gemeinden dürften den "dringend notwendigen" Synodalen Weg "abbremsen oder gar zum Stillstand bringen", schreibt die Gruppe in einem am Dienstag in München veröffentlichten Offenen Brief an alle Teilnehmer. Man wolle dazu ermutigen, "über das zu reden, was wichtig ist. Wir dürfen uns nicht aus der Verantwortung stehlen, in der wir als mündige Christinnen und Christen stehen."

Zu den vier Foren des Synodalen Wegs erklärte "Wir sind Kirche", diese behandelten Themen, über die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) debattiert werde. Doch würden die in dieser Zeit erzielten theologischen Erkenntnisse größtenteils immer noch ignoriert. "Damit muss jetzt endlich Schluss sein, wenn die in der klerikalen Kirchenstruktur fußenden Krisen überwunden werden sollen." Die Foren heißen: "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche", "Priesterliche Existenz heute", "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche" und "Leben in gelingenden Beziehungen".

Weiter teilte "Wir sind Kirche" mit, der Synodale Weg finde international große Beachtung. Man gehe davon aus, dass die Ergebnisse auch vom Vatikan nicht ignoriert werden könnten - "vor allem dann, wenn auf die Krisen der Gegenwart pastoral verantwortliche und theologisch fundierte Antworten gefunden werden". Dazu brauche es ein breites Bündnis der Reformkräfte, auch in der Deutschen Bischofskonferenz (DBK).

"Geistermessen" seien "klerikale Selbstdarstellung"

Die Corona-bedingt vielfach abgehaltenen "Geistermessen" ohne Gottesdienstbesucher seien "klerikale Selbstdarstellung", ergänzte die Gruppe. "Gemeinde darf nicht vom Priester her gedacht werden; Kirche ist dort, wo die Menschen sind, nicht wo zufällig ein Priester ist."

Mit dem Synodalen Weg wollen die deutschen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) über die Zukunft des kirchlichen Lebens in Deutschland beraten. Die Initiative wird nach derzeitigem Stand bis Februar 2022 dauern. Die Synodalversammlung, das höchste beschlussfassende Gremium des Synodalen Wegs, hatte zu Beginn des Jahres mit rund 230 Teilnehmern erstmals in Frankfurt getagt. Fortgesetzt werden die Debatten Corona-bedingt im September bei Regionaltreffen in Berlin, Dortmund, Frankfurt, Ludwigshafen und München mit jeweils maximal 50 Teilnehmern.

Am 20. Juli hatte der Vatikan seine Instruktion "Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche" veröffentlicht. Sie besagt unter anderem, dass Laien von der Gemeindeleitung ausgeschlossen sind. Auch Teams aus Geweihten und Nicht-Geweihten sind demnach nicht zulässig. Stattdessen wird die Leitungsrolle des Pfarrers betont. Die deutschen Bischöfe, Theologen und Verbände reagierten mehrheitlich mit Kritik auf das Papier und bezeichneten es unter anderem als realitätsfern und rückwärtsgewandt. Die im Vatikan für die Instruktion verantwortliche Kleruskongregation bot den deutschen Bischöfen ein klärendes Gespräch an. (tmg/KNA)