Scharfe Kritik an Papier zu Pfarreileitung und Gemeindereformen

Katholiken in Großstädten: Vatikan-Instruktion ist Schlag ins Gesicht

Veröffentlicht am 12.08.2020 um 11:00 Uhr – Lesedauer: 

Frankfurt/Wiesbaden ‐ Für Laien vor allem Pflichten, aber kaum Rechte: So sehen die Katholiken-Vertreter in Frankfurt und Wiesbaden das im Juli veröffentlichte Vatikan-Papier zur Gemeindeleitung. Jetzt machten sie ihrem Ärger über die Instruktion Luft.

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Die Vertretungen der Katholiken in Frankfurt und Wiesbaden haben sich empört über die Vatikan-Instruktion zu Reformen in Kirchengemeinden geäußert. In einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme des Vorstandes der Stadtversammlung der Frankfurter Katholiken heißt es, das römische Schreiben wirke wie eine "Vollbremsung für den Elan der Engagierten". Die Instruktion sei ein "Schlag ins Gesicht derjenigen, die sich auf den Weg gemacht haben, zeitgemäße Strukturen zu erproben und neue geistliche Angebote zu machen".

Der Vorstand der Stadtversammlung der Wiesbadener Katholiken zeigte sich in einer eigenen Stellungnahme "enttäuscht und besorgt". Die Vehemenz, mit der in der Instruktion auf die "untergeordnete Stellung nichtgeweihter Gläubiger" hingewiesen werde, habe "unsere Hoffnung auf dringend notwendige Reformen in unserer Kirche und ihren Leitungsstrukturen stark erschüttert", hieß es.

Priesterkragen auf einem Tisch
Bild: ©LIGHTFIELD STUDIOS/Priesterkragen

Laut Vatikan dürfen nur Priester Pfarreien leiten.

Mit der im Juli in Rom veröffentlichten Instruktion setzt der Vatikan Gemeindereformen Grenzen. Laien bleiben demnach von der Gemeindeleitung ausgeschlossen. Dagegen hebt der Text die Rolle des Pfarrers hervor. Bestrebungen, die Leitung von Pfarreien beispielsweise Teams aus Priestern und kirchlich Engagierten sowie anderen Mitarbeitern anzuvertrauen, widerspricht das Schreiben direkt.

Stadtversammlung: Engagierte "bis ins Mark" getroffen 

Die Instruktion mit dem Titel "Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche" war von der Kleruskongregation im Vatikan am 20. Juli veröffentlicht worden. Das Schreiben stieß bereits bei zahlreichen Bischöfen und Theologen auf teils scharfe Kritik. Nur wenige Bischöfe - vor allem der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki - begrüßten das Papier.

Die beiden Stadtversammlungen, die nun an die Öffentlichkeit gingen, sind die synodal gewählten Vertretung der rund 150.000 Katholiken in Frankfurt und der rund 52.000 Katholiken in Wiesbaden. "Diese Instruktion trifft die Engagierten bis ins Mark", betonte das Frankfurter Gremium. Das römische Schreiben mache deutlich, dass die Laien "in der Ständegesellschaft der katholischen Kirche ohne Mitbestimmungsrechte, dafür jedoch mit zahlreichen Pflichten ausgestattet sind". Dies zerstöre die Hoffnung auf einen "ernst gemeinten Aufbruch".

Die Wiesbadener Katholiken erklärten, die "überdeutliche" Betonung der alleinigen Leitungsfunktion der Pfarrer stelle die tägliche Arbeit vieler Frauen und Männer, die Verantwortung in den Pfarreien übernähmen, ins Abseits. Viele in der Kirche Engagierte könnten sich nun enttäuscht und frustriert abwenden.

"Die Instruktion stellt mehr als deutlich klar: Allein die Pfarrer sind die Leitenden und die Laien sind Gehorchende", hieß es weiter. Das aber entspreche "weder dem Selbstverständnis der Menschen in unserer Stadt noch der Lebenswirklichkeit in unseren Pfarreien". Das in den Pfarreien gewachsene "Wir" werde mit solchen "rückwärtsgewandten Handlungsanweisungen" auf eine harte Probe gestellt.

Von Norbert Demuth (KNA)

Linktipp: Vatikan: Laien dürfen keine Pfarrei leiten – auch bei Priestermangel

Unter anderem in Deutschland wird wegen des Priestermangels mit unterschiedlichen Formen der Gemeinde- und Pfarreileitung experimentiert. Dem schiebt der Vatikan jetzt einen Riegel vor. Er lehnt Leitungsverantwortung für Laien ab – und noch manches mehr.