Bischof Fürst: Gefahr der "Banalisierung" der Eucharistie durch Corona
Der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst sorgt sich angesichts der Corona-Pandemie um eine "Banalisierung" der Eucharistie. "Wer die Eucharistie geringschätzt, verliert den lebensstiftenden Kontakt zu ihr", schreibt Fürst in einem vorab veröffentlichten Hirtenbrief zum Thema "Gottesglaube in Corona-Zeiten", der am kommenden Wochenende bistumsweit in allen Gottesdiensten verlesen werden soll. Besonders "in diesen schweren Zeiten" sei Achtsamkeit gefragt, dass "die eucharistische Quelle unseres Glaubens und unserer Kirche, ja unseres ganzen kirchlichen und persönlichen Handelns" nicht verschüttet werde.
Die Kirche durchlaufe aktuell "eine beispiellos schwierige Zeit", heißt es weiter in dem Hirtenbrief. Schwer daran zu leiden hätten die kirchlichen Versammlungen, besonders die sonntägliche Feier der Eucharistie. "Käme uns die Eucharistie abhanden, verlören wir als Kirche die wichtigste Quelle unserer Energie, zu lieben", betont Fürst. Denn in der Feier der Eucharistie werde der Geist Christi in der Gemeinde lebendig. "Der gegenwärtige Christus steckt uns an, in seinem Geist den Nächsten so zu lieben wie sich selbst und ihn heute so zu lieben, wie Jesus Menschen geliebt hat." Die Eucharistie "ist die sakramentale Feier der hingebungsvollen Liebe Jesu von Nazareth zu uns".
Größere Nähe durch "hygienisch bedingte Distanz"
Der Bischof von Rottenburg-Stuttgart bedankte sich bei den Gläubigen für ihr Verhalten seit Ausbruch der Pandemie. Das aus hygienischen Gründen notwendige Abstandhalten habe bisher nicht dazu geführt, dass die Menschen voneinander Abstand genommen hätten: "Hygienisch bedingte Distanz hat oft eine größere Nähe zueinander und Anteilnahme aneinander bewirkt." Durch engagierte Mitarbeiter habe die Kirche trotz der schwierigen Umstände auch kranken und sterbenden Menschen nahe sein können. "Was ich hier an Einfallsreichtum im gegenseitigen Unterstützen gesehen, gehört und erlebt habe, hat mir bei allem Leiden an der Situation doch Trost und Hoffnung gegeben."
Viele Gläubige hätten sich während der Corona-Krise gefragt, warum das alles so gekommen sei. "Es ist nicht einfach, auf diese uns sehr bedrängenden Fragen zu antworten. Aber es ist hilfreich, die Heilige Schrift zur Hand zu nehmen", betont Fürst. Dort werde "fast überall" von den Erfahrungen der Menschen mit ihrem Gott berichtet: "In diesen Lebensgeschichten sind nicht nur Glück und Heil, sondern auch Unglück und Unheil allgegenwärtig." Selbst Jesus erfahre in seiner Leidensgeschichte und am Kreuz "mit ganzer Wucht" Augenblicke der Gottesfinsternis. Doch auch in tiefster Not gebe Jesus seine Beziehung zu Gott nicht auf. "Geben wir die Gottesbeziehung nicht auf! Adressieren wir unsere schmerzlichen, vielleicht auch vorwurfsvollen Erfahrungen an Gott", ruft der Bischof die Gläubigen auf.
Am Donnerstag begeht Gebhard Fürst ein persönliches Jubiläum: Vor 20 Jahren wurde er zum Bischof geweiht. Papst Johannes Paul II. hatte ihn Anfang 2000 zum Nachfolger von Walter Kasper als Oberhirte der Diözese Rottenburg-Stuttgart ernannt. Bis zu seiner Bischofsernennung leitete er die Bistumsakademie. In der Deutschen Bischofskonferenz steht Fürst der Publizistischen Kommission und der Unterkommission Bioethik vor. (mal)