Maskenpflicht und lange Arbeitstage: Das war die Vollversammlung
Der Anblick war schon ungewöhnlich: Statt nebeneinander in einer Art violettem Meer aus purpurnen Gewändern saßen die Bischöfe bei dieser Vollversammlung während des Eröffnungsgottesdienstes mit großen Abstand in den dunklen Holzbänken des Fuldaer Doms. Einen gemeinsamen Einzug gab es nicht, stattdessen ging mit Ausnahme der Zelebranten jeder Bischof allein an seinen Platz. Die Corona-Pandemie hat die gerade zu Ende gegangene Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe geprägt – nicht nur inhaltlich, sondern auch durch viele große und kleine organisatorische Veränderungen.
Diskussion mit und über Frauen
Der dadurch entstandene optische Eindruck beim Eröffnungsgottesdienst könnte geradezu als (unfreiwilliges) Sinnbild der aktuellen Meinungslage unter den Bischöfen gedeutet werden – fallen sie doch bei einigen Themen in den vergangenen Monaten eher durch Gräben auf als durch Geschlossenheit. Wie eine Frontstellung hatten da zwei Interviews gewirkt, die Bischof Georg Bätzing, der Vorsitzende der deutschen Bischofkonferenz und Kardinal Rainer Maria Woelki wenige Tage vor Beginn der Konferenz wohl ohne gegenseitiges Wissen zwei unterschiedlichen Medien gegeben hatten: Während sich Bätzing grundsätzlich ganz klar für das Diakonat der Frau aussprach, sieht Woelki diese Forderung seit einer entsprechenden Verfügung Johannes Pauls II. aus den 1990ger Jahren ebenso klar als abgelehnt – und zwar endgültig. Bei der Eröffnungspressekonferenz auf die Differenzen angesprochen, reagierte Bätzing allerdings gelassen: Inhaltliche Differenzen seien auch unter Bischöfen normal und legitim; sie trübten die Stimmung nicht. Vielmehr sei er froh, dass die Meinungsunterschiede offen angesprochen würden, sozusagen mit offenem Visier gestritten werde. Ähnlichen Diskussionsstoff hatte kurz vor der Vollversammlung auch ein Papier aus dem Vatikan gegeben, das dem in einem deutschen Ökumene-Papier vorgeschlagenen wechselseitigen Empfang von Eucharistie oder Abendmahl eine Absage erteilte – eine Abstimmung über Möglichkeiten der eucharistischen Gastfreundschaft zwischen Protestanten und Katholiken wurde von den Bischöfen deshalb auf unbestimmte Zeit verschoben.
Am Thema Frauen kamen die Bischöfe bei dieser Vollversammlung auch buchstäblich nicht vorbei: Gleich am ersten Tag hatte sich eine kleine Gruppe der Katholischen Frauengemeinschaft (kfd) auf dem sonnigen Domplatz versammelt – natürlich ebenfalls ausgestattet mit Masken und stetig bemüht, ausreichend Abstand voneinander zu halten. Sie wollten den Bischöfen symbolstark (leider nicht lautstark, weil das mitgebrachte Mikrofon nicht funktionierte) purpurfarbene Zollstöcke mit der Aufschrift "MachtMeter" überreichen und sie somit auffordern, die Macht in der Kirche zugunsten von Laien und besonders Frauen neu 'auszumessen'. Die Gruppe platzierte sich genau an der Route der Bischöfe, und doch gingen viele der Hirten an ihr vorbei – und das lag ausnahmsweise wohl nicht an den verordneten Abstandsregeln, sondern eher an einer inhaltlichen Distanz.
Eine solche Distanz herrscht wohl auch weiterhin zwischen den Bischöfen und den Opfern sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche. Deren Vertreter hatten am Mittwoch den Domplatz in einer Kunstaktion mit weißen Luftballons gefüllt, die stellvertretend für die Opfer standen. Sie forderten von der Kirche "ausgleichende Gerechtigkeit", so die Aufschrift der Ballons. Kleine schwarze Ballons wiesen darauf hin, dass ältere Missbrauchsopfer sterben und so von den jetzt beschlossenen Anerkennungszahlungen nicht mehr profitieren können. Matthias Katsch, der Sprecher der Opferinitiative "Eckiger Tisch", hatte den Bischöfen mehrmals vorgeworfen, hier ein Spiel mit der Lebenszeit der Opfer zu spielen.
Dass er und andere Opfervertreter mit denen im Frühjahr in der Höhe beschlossenen und jetzt mit konkreten Prozedere versehenen 50.000 Euro an Anerkennungszahlungen für das Leid nicht zufrieden sind, sollte auch für die Bischöfe keine Überraschung sein. Orientieren sich die Bischöfe mit der Summe an staatlichen Zahlungen von Schmerzensgeldern, hatte Katsch vor einem Jahr als Mitglied einer Arbeitsgruppe der Bischofskonferenz deutlich höhere Zahlungen von bis zu 400.000 Euro vorgeschlagen. Am Rande der jetzigen Vollversammlung forderte er nun den Rücktritt von Bischöfen als Konsequenz aus dem Missbrauchsskandal. Das sei bei den Beratungen in Fulda jedoch kein Thema gewesen, erklärte Bischof Stephan Ackermann, der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz im katholisch.de-Interview: Ein solcher Schritt, sei nämlich auch ein Schritt aus der Verantwortung heraus. "Wir wollen in der Kirche aber Verantwortung übernehmen und uns der Aufarbeitung stellen".
In der einzigen einem bestimmten Thema reservierten Pressekonferenz während der Corona-bedingt verkürzten Tagung ging es am Mittwoch um die Auswirkungen der Pandemie. Hier äußerte sich Bischof Franz-Josef-Bode als Vorsitzender der Pastoralkommission durchaus selbstkritisch zur Rolle der Kirche, die sich etwa früher zum Anwalt für Alte und Kranke habe machen sollen. Aus verschiedenen Richtungen war in der Vergangenheit noch viel deutlicher die Kritik zu hören gewesen, dass die Kirche es nicht geschafft habe, sich in die gesellschaftliche Diskussion um die Pandemie einzuschalten und dass sie auch bei den Seelsorgeangeboten nach innen zunächst eher hilflos agierte. Gleichzeitig sah Bode auch positive Aufbrüche. So lobte er das Engagement der Laien in der Krise und sah Entwicklungen hin zu einer weniger "klerikerzentrierten" Seelsorge.
Masken mit Symbol der Bischofskonferenz
Wegen Corona wurde die Bischofsvollversammlung in Fulda um einen auf drei Tage verkürzt. Das bedeutete für die Bischöfe längere Tagungszeiten. Noch wer abends nach 21 Uhr durch die beschauliche Stadt spazierte, sah die Fenster im Stadtschloss hell erleuchtet. Dorthin hatten die Bischöfe ihren Tagungsort aus dem Priesterseminar verlegt, um ausreichend Platz und Abstände zu haben – auch wenn der Prunk des Raums nicht so Recht zu den eigentlich um Bescheidenheit bemühten Bischöfen passen wollte. In den Fluren waren sie dann mit Masken unterwegs – die einen mit neutraler Mund-Nasen-Bedeckung in gedeckten Farben, andere im Corporate Design des eigenen Bistums. Sogar Masken mit dem Symbol der Deutschen Bischofskonferenz wurden verteilt – somit bescherte die Pandemie den Bischöfen dann doch noch ein Symbol für Zusammengehörigkeit und Einigkeit.