Kirchenpremiere: Wenn der Bischof ein Ehepaar zur Seelsorge beauftragt
Nein, von einem solchen Fall in Italien sei ihnen bisher nichts bekannt, räumt der Sprecher der Bischofskonferenz auf Nachfrage ein. Ganz im Norden, im Pustertal in der Diözese Bozen-Brixen gebe es theologisch geschulte Laien, die seit zwei Jahren Beerdigungsfeiern leiteten. Aber das sei etwas anderes. In der Tat: Dass ein Bischof offiziell Laien mit der Seelsorge beauftragt und ihnen einen Priester "nur" als Moderator zur Seite stellt, ist eine Premiere.
Das landesweite Nachrichtenportal "La Stampa" brachte die Nachricht dieser Tage als "Top News"; örtliche Medien nennen es ein "kirchliches Laboratorium": Im 1.500-Einwohner-Dorf Isnello, 60 Kilometer östlich von Palermo, wird die Gemeinde "San Paolo Apostolo" seit Anfang September nicht mehr von einem Prieter geleitet, sondern vom Ehepaar Toti Sirecin und Rita Bianca. Das werde konservativ-traditionalistischen Kreisen nicht gefallen, aber sei Wille des örtlichen Bischofs, Giuseppe Marciante, beruhigt das Regionalportal "Quattrocanti" seine Leser.
Leitungsform liege ganz auf der Linie der Vatikan-Instruktion
Das "Experiment", so "Quattrocanti" weiter, "liegt auf der Linie des Dokumentes vom 20. Juli, mit dem der Vatikan seine Reformen beschleunigt, Gemeinden stärker für neue Formen der Armut zu sensibilisieren sowie für eine stärkere Beteiligung von Laien". – Nur zur Erklärung: Es handelt sich um dasselbe Dokument der Klerus-Kongregation, das im deutschsprachigen Raum auf heftigen Protest gestoßen ist.
In der Bekanntgabe der Diözese Cefalu heißt es ausdrücklich, der Bischof habe "gemäß der Instruktion 'Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde ...' vom 20. Juli einem Team von Familien die Mitwirkung an der Seelsorge übertragen". Außerdem ernenne er den Priester Don Paolo Cassaniti zum Moderator der Seelsorger. Als kirchenrechtliche Grundlage wird Kanon 517, Paragraf 2 des Kirchengesetzbuches Codex Iuris Canonici angeführt.
Nach dieser Regelung ist etwa auch in Deutschland bereits die Seelsorge in einigen Gemeinden geregelt. Das Wort "Leitung" kommt in dem Diözesanerlass nicht vor; de facto aber, so stellt es auch der als Moderator bestellte Don Paolo dar, "tragen Toti Sirecin und Rita Bianca jetzt die pastorale Verantwortung der Pfarrei". Zwar bleibt der Priester für Eucharistie und Sakramente zuständig, aber in den Augen der Gemeinde und der Medien leitet jetzt ein Familienteam um das Ehepaar die Gemeinde.
Sollte sonntags kein Priester zur Verfügung stehen, um Messe zu feiern, so erklären es Lokalmedien ihren Lesern, könnten Laien andere Liturgien abhalten. Isnello liegt in einem beliebten Ferien- und Ausflugsgebiet, die Anfang der 1980er Jahre erbaute Kirche San Paolo Apostolo – eher eine Kapelle – ist auch für Trauungen gefragt; laut Bischof Marciante für Ehepaare ein seelsorgliches Einsatzgebiet par excellence.
Natürlich halten längst überall in Italien Nichtkleriker das Gemeindeleben mit aufrecht: Sie leiten Gebete und Andachten, organisieren Jugendaktivitäten, katechetische Treffen, übernehmen Verwaltungsaufgaben, die Caritas. Neu in Isnello ist allein die offizielle Beauftragung des Bischofs. Marciante versteht sein "Experiment" als "konkreten Schritt" in eine auch in Italien unausweichliche Zukunft mit mehr Verantwortung von Laien in der Seelsorge.
Weitere Schritte folgen – gerade in Sizilien
Weitere Schritte folgen: Anfang dieser Woche legte der Bischof von Trapani – ebenfalls in Sizilien – nach: "Liebe Freunde, Brüder und Schwestern der Kirche Siziliens, wir möchten euch um eure Mitarbeit bitten." Gemeinsam wolle man dafür sorgen, dass es "in zweieinhalb oder drei Jahren" eine Reihe gut ausgebildeter Laien für die Familienseelsorge in Sizilien gebe.
Bereits im Oktober vergangenen Jahres galt als "Top News" die Tatsache, dass erstmals in Italien eine Frau katholische Begräbnisfeiern leitete: Christine Leiter in Sexten im Pustertal. Eine neue Art von "Risorgimento" scheint Italiens Kirche von Norden und Süden her aufzurollen: Im Land der "Don" und "Monsignori" werden Laien auch offiziell beauftragt, in der Kirche mehr Verantwortung zu übernehmen.