Abteilungen und Kongregationen mit "zu viel Autonomie"

Kardinalsrat-Leiter Maradiaga: Finanzkontrolle im Vatikan unzureichend

Veröffentlicht am 29.09.2020 um 12:34 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Der Fall Becciu wirft erneut die Frage auf, wie effizient die Finanzkontrolle im Vatikan ist. Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, Leiter des Kardinalsrats zur Kurienreform, gesteht ein, dass es noch viel Nachholbedarf gibt – doch man sei auf einem guten Weg.

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Angesichts des Finanzskandals um den entlassenen Kurienkardinal Giovanni Angelo Becciu hat Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, Leiter des Kardinalsrats zur Kurienreform, ein bisher unzureichendes System der Finanzkontrolle im Vatikan eingeräumt. "Wir müssen korrigieren, was wir falsch gemacht haben und was in unserem System nicht funktioniert", sagte Rodriguez Maradiaga der italienischen Tageszeitung "La Stampa" (Online-Ausgabe) am Dienstag. Früher hätten jede Abteilung und jede Kongregation über eigene Mittel und ein eigenes Budget verfügt – "zu viel Autonomie, mit einigen negativen Folgen, die wir gesehen haben". Im Zuge der Kurienreform werde daran gearbeitet, die Kontrolle zunehmend zu zentralisieren, so der Kardinal.

Bis vor einigen Jahren habe es kein Budget für die gesamte Kurie gegeben, erklärte Rodriguez Maradiaga weiter: "Jetzt gibt es eins." Der Wirtschaftsrat und das Wirtschaftssekretariat seien aufgefordert, die Budgets der einzelnen Abteilungen im Vatikan zu genehmigen. Diese seien wiederum verpflichtet, diese vorzulegen. "Man kann nicht mehr versuchen, sich Kontrollen zu entziehen, indem man sagt: 'Ich habe diese Gelder erhalten und sie für ein anderes Projekt beiseitegelegt', oder aus anderen allgemeinen Gründen, die leicht ausgenutzt und manipuliert werden können", betonte der Kardinal.

Kampf gegen Geldwäsche

Gleichzeitig wies Rodriguez Maradiaga darauf hin, dass die Vatikanbank ihren Kampf gegen Geldwäsche intensiviert habe: "Wenn man dort ein Konto hat und Geld abheben will, wird man jetzt nach dem Grund gefragt. Und wenn eine Person eine Einzahlung tätigt, wird untersucht, woher das Geld stammt." In der Vergangenheit seien Konten oft nur deshalb eröffnet worden, weil man mit einem Angestellten befreundet gewesen sei. Außerdem hätten Prälaten Gelder "von außerhalb" in die Vatikanbank gebracht. "Diese Zeit ist nun vorbei", so Rodriguez Maradiaga.

Zum Fall Becciu sagte Rodriguez Maradiaga, der Skandal, den dieser verursacht habe, tue ihm leid. "Aber gleichzeitig glaube ich, dass die Suche nach der Wahrheit in dieser Angelegenheit ein Schritt in einem Prozess der Reinigung ist." Becciu war vergangene Woche überraschend von der Leitung der Heiligsprechungskongregation zurückgetreten und verzichtete auf seine Rechte als Kardinal. Zuvor habe ihm Papst Franziskus mitgeteilt, dass er von der vatikanischen Justiz der finanziellen Veruntreuung beschuldigt werde. Möglicher Hintergrund ist eine verlustreiche Investition in dreistelliger Millionenhöhe in ein Geschäftshaus in der Londoner Sloane Avenue. Becciu selbst sprach von einem "Missverständnis". Am Montag meldete "La Stampa", dass Becciu demnächst vor der Justiz des Vatikan über seine Rolle in der Investment-Affäre aussagen soll. (mal)