Partei nominiert Bettina Jarasch als Spitzenkandidatin

Berliner Grüne wollen ZdK-Mitglied als Regierende Bürgermeisterin

Veröffentlicht am 05.10.2020 um 15:16 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Wird Berlin bald von einer "Reformkatholikin" regiert? Die Möglichkeit besteht zumindest, denn am Montag wurde ZdK-Mitglied Bettina Jarasch von den Berliner Grünen als Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl im kommenden Jahr nominiert.

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Die Berliner Grünen ziehen mit Bettina Jarasch als Spitzenkandidatin in die Abgeordnetenhauswahl im kommenden Jahr. Das gab die Partei am Montagnachmittag in Berlin bekannt. Damit besteht angesichts der aktuellen Umfrageergebnisse die Chance, dass künftig eine profilierte Katholikin als Regierende Bürgermeisterin an der Spitze der deutschen Hauptstadt steht. Denn Jarasch ist nicht nur Vorsitzende des Pfarrgemeinderats der katholischen Kirchengemeinde St. Marien Liebfrauen im Berliner Ortsteil Kreuzberg, sondern seit 2016 als gewählte Einzelpersönlichkeit auch Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Dort ist sie derzeit Sprecherin des Sachbereichs "Politische und ethische Grundfragen".

Jarasch bezeichnet sich selbst als "Reformkatholikin"

Jarasch wurde 1968 in Augsburg geboren. Nach dem Abitur studierte sie Philosophie und Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und arbeitete später als Redakteurin, Beraterin und Autorin. Von 2011 bis 2016 war sie Landesvorsitzende der Berliner Grünen und von 2013 bis 2018 Mitglied im Bundesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen. Seit der Wahl 2016 ist Jarasch, die als Vertreterin des realpolitischen Flügels gilt, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Dort ist sie unter anderem als Sprecherin für Religionspolitik tätig.

Jarasch, die sich selbst einmal als "Reformkatholikin" bezeichnet hat, hat sich in der Vergangenheit immer wieder zu kirchlichen Themen zu Wort gemeldet und sich dabei wiederholt für Veränderungen in der Kirche ausgesprochen. Im Februar vergangenen Jahres etwa gehörte sie zu den Unterzeichnern eines Offenen Briefes an den damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, in dem unter anderem eine kirchliche Gewaltenteilung, ein Abbau von "Überhöhungen des Weiheamtes" und dessen Öffnung für Frauen gefordert wurden. Wenige Monate später rief Jarasch bei einer Veranstaltung mehrerer katholischer Verbände in Berlin alle katholischen Frauen dazu auf, in ihren Forderungen an die Kirchenleitung "konkret" zu werden. Um "die Männerkirche" zu verändern, sei dies die einzige Möglichkeit.

Umfrage sieht Grüne in Berlin derzeit vorne

Die jüngste Umfrage zur Abgeordnetenhauswahl, die voraussichtlich zeitgleich mit der Bundestagswahl im kommenden September stattfindet, sieht die Grünen als stärkste Kraft in der Hauptstadt. Laut der Befragung von "Infratest dimap" für den RBB und die "Berliner Morgenpost" liegen die Grünen derzeit bei 26 Prozent. Auf dem zweiten Platz folgt die CDU mit 22 Prozent, Linke und SPD liegen gleichauf bei 15 Prozent. Die AfD käme auf 10 Prozent und die FDP auf 6 Prozent.

Jaraschs Nominierung für die Spitzenkandidatur der Grünen gilt als große Überraschung, da Beobachter eher mit einer Kandidatur von Wirtschaftssenatorin Ramona Pop oder der Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Antje Kapek, gerechnet hatten. Die Grünen sind die erste der Berliner Parteien, die mit ihrem Vorschlag für das Amt des Regierenden Bürgermeisters an die Öffentlichkeit gegangen sind. "Die Berliner haben angesichts der Corona-Krise ein Recht darauf, frühzeitig zu erfahren, wer künftig Verantwortung für ganz Berlin übernehmen will", hieß es aus der Partei. Die Nominierung Jaraschs werde vom gesamten Landesvorstand sowie dem Fraktionsvorstand und allen Regierungsmitgliedern getragen. Offiziell soll Jarasch bei einem Parteitag im November als Spitzenkandidatin gewählt werden. (stz)