Ökumeneminister äußert sich auch zu Irritationen zwischen Deutschland und Rom

Kardinal Koch: Europa ist nicht mehr "das Zentrum der Weltkirche"

Veröffentlicht am 15.10.2020 um 11:53 Uhr – Lesedauer: 

Linz ‐ Europa als Zentrum der Weltkirche und Mittelpunkt des kirchlichen Lebens? Das war einmal, sagt Kardinal Kurt Koch und nennt andere Orte, auf die das inzwischen zutreffe. Auch zur Frage ökumenischer Mahlgemeinschaft äußert er sich.

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Nach Ansicht von Kardinal Kurt Koch ist Europa nicht mehr "das Zentrum der Weltkirche und nicht mehr der Mittelpunkt des kirchlichen Lebens". Dieses befinde sich heute in Afrika, Lateinamerika und Asien, sagte der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates im Interview der "KirchenZeitung" der Diözese Linz. Auch wenn Europa nicht mehr Nummer Eins der Kirche sei, erwarte Papst Franziskus viel von dem Kontinent, "was besonders mit seinen Besuchen bei den europäischen Institutionen deutlich geworden ist", so Koch.

Über die aktuellen Irritationen zwischen Rom und vor allem der katholischen Kirche in Deutschland, etwa rund um das Votum des Ökumenischen Arbeitskreises in Deutschland für die gegenseitige Einladung zu Eucharistie und Abendmahl, sagte Koch: "Die Glaubenskongregation beurteilt die ökumenische Situation heute anders als das genannte Votum (...)." Obwohl auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, das Votum unterschrieb, gab es dazu von der Glaubenskongregation ein Nein. Die Unterschiede im Eucharistie- und Amtsverständnis von Katholiken und Protestanten seien "noch so gewichtig", dass sie eine Teilnahme katholischer und evangelischer Christen an der Feier der jeweils anderen Konfession derzeit ausschlössen, hieß es. Die DBK und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wollen die Diskussion über eine wechselseite Teilnahme an Eucharistie- und Abendmahlsfeiern indes weiterführen.

Ökumenisches Ziel sei die Einheit auch in der Eucharistie

Das ökumenische Ziel sei die Einheit - auch in der Eucharistie, so Koch weiter. Damit dies möglich werden könne, "müssen wir vertieft darüber ins Gespräch kommen, was wir eigentlich feiern". So gebe es im Verständnis der Göttlichen Liturgie der Orthodoxen, des Abendmahls der Lutheraner und der katholischen Eucharistiefeier "Differenzen theologischer Art, die bereinigt werden müssen". Eucharistiegemeinschaft setze jedoch Gemeinschaft im Glauben und im Bekenntnis voraus, unterstrich der vatikanische "Ökumene-Minister".

Zum Thema "Frauen in der Kirche" sagte der Kurienkardinal: "Diese Frage ist heute sehr virulent, so dass die Kirche eine Antwort darauf finden muss." Das Hauptproblem bestehe darin, "dass in den Diskussionen zumeist von einem rein funktionalen Amtsverständnis ausgegangen wird; auf dieser Ebene ist in der Tat nicht einsichtig zu machen, warum Frauen nicht dieselben Funktionen ausüben könnten". Theologisch könne die Frage nur angegangen werden, "wenn danach gefragt wird, was unter Weihe zu verstehen ist und worin die Sendung besteht, die mit der Weihe verbunden ist, nämlich in der Repräsentation Christi als des Hauptes der Kirche". Zu den Herausforderungen von Migration und Fluchtbewegungen sagte Koch, das Hauptproblem bestehe darin, diese Aufgabe auf europäischer Ebene zu lösen. "Diesbezüglich ist die notwendige Solidarität unter den europäischen Ländern bisher sehr schwach entwickelt." (tmg/KNA)